Zerstörung eines Stückchen Lebensnervs

■ betr.: „Ein Biotop spaltet die Par tei“ (Tempodrom), taz vom 27. 12. 94

Es ist geradezu lächerlich, allerdings auch typisch für Berlin, mit was für einem Eifer in den dichtbebauten Innenstadtbezirken die letzten Fleckchen Erde zur Bebauung verbraucht werden. Besonders kräftiges Kopfschütteln erzeugen Standortwahlen für Projekte wie das Tempodrom, die sich ein ökologisches Mäntelchen umhängen und gar nicht bemerken, wie sie durch den ungezügelten Baueifer wieder ein Stückcken Lebensnerv in Berlin zerstören werden.

Auf dem ehemaligen Anhalter Bahnhof in Kreuzberg zerstört ein fester Bau für das Tempodrom eine wildgewachsene wertvolle Stadtbrache in einem Gebiet, das schon jetzt arm an Parkanlagen und Freiflächen ist und durch die zukünftige Bebauung am Potsdamer Platz noch ärmer dran sein wird. [...]

Genauso ungeeignet ist der Standort „Schlesischer Busch“ im Bezirk Treptow. Denn hier wird ein Park, der in den letzten Jahren zwecks Rekultivierung des ehemaligen Mauerstreifens angelegt ist, zerstört.

Der eigentlich ideale Standort liegt gar nicht so weit vom Schlesischen Busch entfernt, nämlich das Grundstück des erst kürzlich aufgegebenen BVG-Bushofs Elisenstraße in Treptow. Durch das Tempodrom würde die Betonschuttfläche an der Spree sinnvoller genutzt werden. Man hört zuweilen, daß es dabei Probleme mit der „Photovaltik-Anlage“ gäbe. Aber sollte die Öko-High-Tec nicht so an den Standort angepaßt werden, daß Lebensräume für Pflanzen und Tiere im dichtbebauten Berlin auch erhalten bleiben?! Ingo Franßen, Berlin