Unschuldige Blockierer

■ Justiz erlaubt kurzen Widerstand

Gundremmingen (taz) – Wenn ein Atomtransport nur kurze Zeit und nur von wenigen Demonstranten blockiert wird, sehen auch bayerische Staatsanwälte darin keine Nötigung.

Nach einem überraschenden Freispruch des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom Ende des verganenen Jahres flatterten in den vergangenen Wochen mehreren Blockierern der „Mahnwache Gundremmingen“ kurze Verfügungen der Staatsanwälte ins Haus. Darin hieß es beispielsweise: „Das anhängige Ermittlungsverfahren wird eingestellt.“ Der Beschuldigte sei unschuldig. Die Betroffenen waren davon überrascht. Jahrelang habe man sie durch alle Instanzen gehetzt und jetzt plötzlich dieser Sinneswandel, lauteten die ersten Stellungnahmen.

Der Chef der Memminger Staatsanwaltschaft, Peter Stoeckle, bestätigte diese Einstellungen. Er sagte jedoch nicht, wie viele der anhängigen Verfahren auf diese Weise nun gestoppt wurden. Es handle sich lediglich um solche Aktionen, „die nicht länger als 20 Minuten gedauert haben und an denen nur wenige Blockierer teilgenommen haben“, so der Staatsanwalt. Längere Blockaden oder auch das Abschrauben der Gleise von Schienenschwellen würden nach wie vor geahndet.

Gegen die Mitglieder der Umweltschutzorganisation Greenpeace, die im Juli 1993 eine große Blockadeaktion in Gundremmingen durchführten, wird ebenfalls weiter juristisch vorgegangen. Gegen sie wurden vor wenigen Tagen Strafbefehle beantragt. Wann und ob es zur Hauptverhandlung in dieser Sache kommen wird, sei noch völlig unklar. Klaus Wittmann