■ Die Windsors haben ihre Untertanen nicht mehr im Griff:
: Wird Großbritannien eine Republik?

London (taz) – Die Queen könnte ihren Laden dichtmachen, wenn es nach der britischen Bevölkerung ginge. Bei einer Umfrage des Guardian stellte sich jetzt heraus, daß nur noch gut ein Drittel mit der Monarchie zufrieden ist, während 28 Prozent die Umwandlung Großbritanniens in eine Republik befürworten. Zwar glauben drei Viertel der Befragten, daß die Windsors in zehn Jahren noch immer im Amt sein werden, doch nur ein Drittel rechnet damit auch in fünfzig Jahren.

Mehr als die Hälfte machen Prinz Charles für die royale Misere verantwortlich, seiner Frau Diana geben aber bloß 14 Prozent die Schuld. Lediglich Königin Elizabeth kommt bei der Umfrage ungeschoren davon: 72 Prozent meinen, daß sie gute Arbeit leistet, nur ein Prozent hält sie für monarchieschädlich. Eine deutliche Mehrheit will ihr jedoch an den Geldbeutel: Die 50 Millionen Pfund (rund 120 Millionen Mark) im Jahr, die für die Windsors aus dem Staatssäckel abgezweigt werden, sollen auf die Hälfte eingedampft werden. 56 Prozent der Befragten halten auch 750 königliche Angestellte für einen maßlos übertriebenen Luxus, genauso viele finden die königliche Luftflotte (drei Flugzeuge, zwei Hubschrauber) überflüssig.

Allein die über 65jährigen meinen, daß die königliche Familie ihr Geld wert sei, doch selbst diese Altersgruppe tritt für Kürzungen ein. Obwohl die Queen im Zuge ihrer Imageverbesserungskampagne vor kurzem entschieden hat, daß künftig nur noch sie selbst, ihre Mutter und Prinz Philip für öffentliche Verpflichtungen aus Steuergeldern bezahlt werden, fordert die Bevölkerung weitere Kürzungen: Nur rund ein Achtel gönnt ihrem Ehemann und ihrer Mutter das Geld. Die Windsors niederen Ranges – wie das Ehepaar Kent, das jedes Jahr die Tennistrophäen in Wimbledon überreicht, und die Prinzessinnen Margaret, Alexandra und Alice – sollen erst recht nichts mehr bekommen. Sie werden zur Zeit von Elizabeths Privatschatulle freigehalten.

Die Queen füllt ihre Schatulle mit den Mieteinnahmen aus dem riesigen Grundbesitz der Krone. Dazu gehören weite Teile der Londoner Innenstadt, mehr als 100.000 Hektar Farmland, die Hälfte des gesamten Küstenvorlandes sowie die 20 Kilometer breite Meereszone rund um Großbritannien. Sie kassiert für jeden Fisch, der dort gefangen wird. Außerdem besitzt die Krone die berühmte Pferderennbahn in Ascot sowie Supermärkte, Tankstellen, Busbahnhöfe und Bürohäuser. Hinzu kommt der Privatbesitz der Königin: unter anderem Herzogtümer in Lancaster und Cornwall, die umgerechnet 17 Millionen Mark im Jahr abwerfen, sowie die Schlösser Balmoral und Sandringham.

Kein Wunder, daß sich bei der Guardian-Umfrage 53 Prozent dafür aussprachen, die fünf staatlichen Schloßanlagen der Windsors – der Unterhalt der hundert Gebäude mit insgesamt 6.000 Zimmern kostet 20 Millionen Pfund im Jahr – auf zwei zu reduzieren. Der Guardian beauftragte den englischen Architekten Will Alsop, eine Alternative für den Buckingham- Palast zu entwerfen. Alsop würde den Palast „wegen der britischen Spielleidenschaft“ in ein Casino verwandeln. Mit dem Profit will er eine Wasserstraße einschließlich einer Wasserbrücke über die Themse bauen. Darauf sollen „Wasserbusse“ zwischen den wichtigsten Eisenbahnhöfen verkehren, damit das „durch den Palast zerrissene Zentrum Londons zusammenwächst“. Wie wird die Bevölkerung darauf reagieren? „Wenn wir erst mal eine Republik sind“, so prophezeit Alsop, „dauert es höchstens eine Generation, bis die Windsors aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden sind.“ Ralf Sotscheck