■ Das Portrait
: Romário

Geschlichen, bestenfalls getrabt übers Spielfeld, als ginge ihn das alles nichts an, ist er immer – doch nur, solange kein Ball in der Nähe war. Vergangenen Samstag beim 0:5 seines Arbeitgebers im Bernabeu-Stadion zu Madrid, heißt es, sei zu sehen gewesen, daß da einer tatsächlich das Interesse verloren hat: Romário da Souza Faria möchte seine Fähigkeiten dem FC Barcelona ganz offensichtlich nicht mehr zur Verfügung stellen.

Seit gestern weiß man, warum: Der 29jährige, bei der WM in den USA recht einstimmig zum besten Fußballer der Welt ausgerufen, ist auf dem Sprung: Sobald die „Banca Catalana“ zu Barcelona eine Einzahlung von umgerechnet neun Millionen Mark aus Rio de Janeiro erhält, darf der Mittelstürmer für Flamengo spielen. Die Liquidität des hochverschuldeten Traditionsvereins aus Rio wird allenthalben angezweifelt, doch nicht von Romário: „Ich will für Flamengo mit der Nummer elf das sein“, hat der wissen lassen, „was früher Zico mit der Nummer zehn war.“

Sicher scheint, daß die Sache mehr ist als ein simpler Transfer: Neben einer Brauerei, einer Bank, einem Einkaufscenter haben auch die Stadt und der Staat Rio de Janairo sponsernd die Rückholung des Kickers zur nationalen Sache ausgerufen. Und Romário soll nicht der letzte bleiben: Beim VfB Stuttgart wartet Carlos Dunga (31), Kapitän der Weltmeisterelf, auf den erlösenden Anruf, auch Bebeto, Jorginho, Rai und Mazinho sollen von fremden Ersatzbänken auf heimischen Rasen überführt werden.

Wahrscheinlich allerbester Fußballer Foto: Reuter

Alle Brasilianer, heißt es, leiden darunter, in Europa ihren Weltmeisterruhm nicht in Feiern und Huldigungen umwandeln zu können. Das trifft insbesondere auf den Einzelgänger Romário zu, der bei der WM erstmals erfahren hatte, „daß nur die Gruppe Weltmeister werden kann“ (Trainer Carlos Alberto Parreira). Doch zurück in Barcelona, negierte er das Sartre-Prinzip und bildete sich zum isolierten Individuum zurück, das selbst den Kontakt mit dem Exzentriker-Kollegen Hristo Stoitschkow mutwillig abbrach. Ein Haus hat er nie gemietet, allenfalls alle paar Monate die Hotels gewechselt. „Es ist nicht schlecht, in Barcelona zu leben“, sagte er zu Wochenbeginn, aber: „Ich vermisse meine Familie, meine Eltern, meine Freunde, die Sonne, das Leben in Rio.“ Für all dieses ist er bereit, zukünftig statt mit drei Millionen Mark im Jahr mit der schlichten Hälfte auszukommen. Peter Unfried