Israel und USA warnen vor Irans Atomprogramm

■ Amerikanischer Verteidigungsminister Perry zu Besuch in Jerusalem

Tel Aviv (taz) – Das israelische Atomwaffenprogramm und die Verhandlungen mit Syrien standen im Mittelpunkt der Gespräche, die US-Verteidigungsminister William Perry bei seinem Besuch in Israel Anfang der Woche führte. Perry ließ sich vor Ort die strategische Lage der annektieren Golanhöhen von israelischen Offizieren erklären und besprach mit Ministerpräsident Jitzhak Rabin, der auch Verteidigungsminister ist, die Möglichkeit des Einsatzes von US- Truppen zur Absicherung eines künftigen schrittweisen israelischen Rückzugs.

Eine Entsendung amerikanischer Soldaten steht jedoch nicht unmittelbar bevor. Die Einzelheiten eines Rückzugs müssen erst noch im Rahmen der kürzlich in Washington wiederaufgenommenen israelisch-syrischen Friedensverhandlungen festgelegt werden. Anschließend müßten die Regierungen in Jerusalem und Damaskus um die Anwesenheit von US- truppen nachsuchen, die dann noch vom Kongreß in Washington gebilligt werden müßte.

Aus der ägyptischen Hauptstadt Kairo kommend, traf Perry am Sonntag zu einem zweitägigen Besuch in Israel ein und begab sich dann weiter nach Pakistan und Indien, wo ebenfalls atomare Rüstungsfragen auf der Tagesordnung stehen. Zu Beginn seiner Reise erklärte Perry in Kairo, daß die USA großen Wert auf eine Erweiterung des Atomwaffensperrvertrags legen. Im Sonderfall Israel beabsichtigt die Regierung in Washington jedoch auch weiterhin nicht, den Beitritt zum Klub der Atommächte zu forcieren. Alle US-Präsidenten waren bisher großzügig dazu bereit, gegenüber Israel beide Augen zuzudrücken, während im Falle anderer Staaten andere Normen angelegt werden und die USA den Ländern Repressalien androhen, die sich einer Kontrolle ihrer Atomwaffen hartnäckig entziehen möchten.

Perry und Rabin sprachen in Jerusalem wiederholt von der „Unannehmbarkeit“ einer Entwicklung, im Zuge derer Iran zu einer Atommacht werden würde. Rabin rechnet damit, daß es noch 7 bis 15 Jahre dauert, bis Iran ein nukleares Potential entwickelt. Perry ist der gleichen Meinung, warnt aber vor einer gefährlichen Verkürzung dieses Zeitraums, falls Iran notwendige Materialien, wie Plutonium oder angereichertes Uran, aus China, Ländern der ehemaligen Sowjetunion oder anderen Nachbarstaaten beziehen könnte. Perry erklärte, daß die USA mit diesen Staaten in enger Verbindung stünden, um derartige Lieferungen zu verhindern.

Hinsichtlich der regionalen Abrüstung steht die israelische Regierung weiter auf dem Standpunkt, daß ein atomwaffenfreier Naher Osten mit gegenseitiger Kontrolle erst nach einem allumfassenden Friedensschluß ausgehandelt werden kann. Damit ist das Problem erst einmal in die ferne Zukunft verschoben. Voraussetzung wäre nämlich, daß zunächst auch Staaten wie Iran, Libyen und Irak ihren Frieden mit Israel machen.

Das israelische Außenministerium beabsichtigt jetzt, eine großangelegte diplomatische Kampagne gegen die von Iran ausgehende „weltbedrohende Gefahr“ einzuleiten. Dabei geht es nicht nur um Atomwaffen: Iran wolle auch chemische und biologische Waffen entwickeln, heißt es. Ziel der Kampagne sind politische und wirtschaftliche Maßnahmen gegen die Regierung in Teheran. Amos Wollin