Trude heizt ein

■ Landesparteitag der Grauen in Bremen

Frühzeitig wollten am Wochenende die Grauen ihre KandidatInnen für die Bürgerschaftswahl wählen. Doch erstens waren die gar nicht gekommen, und zweitens hätten sie gar nicht gewählt werden können, da nur 13 Mitglieder da waren. „Aber das macht gar nichts“, die Bundesvorsitzende Trude Unruh hob majestätisch die Hand, „die können auch noch sechs Wochen vor der Wahl gewählt werden“.

Trude Unruh freut sich erstmal daran, daß so viele Jüngere gekommen sind: ein Sohn und eine Schwiegertochter von alten Grauen Panthern. „Die alte Garde, die keine Kraft mehr hat, bekommt Nachschub.“ Zu diesem Nachschub gehört Adolf Berenthal, 56jähriger Verwaltungsangestellter. Statt sozialem Abbau will er endlich sozialen Aufbau sehen. Seine alte Partei, die SPD, setze das nicht durch.

Um die Interessen von Älteren zu vertreten und soziale Sicherheit für alle zu schaffen, wollten die Grauen 1994 in den Bundestag. „Wahlanalyse 94“ steht deshalb auf der Tagesordnung. Geredet wird darüber allerdings nicht viel: „Unser Wahlergebnis war nicht so berauschend, wie wir das erhofft haben, aber wenn man die Hitze bedenkt und die vier Leutchen, die sich ins Zeug gelegt haben, war es auch nicht so schlecht“, lächelt der Landesverbandsvorsitzende verlegen. Immerhin hat der Bremer Landesverband mit 1,1 Prozent bundesweit das drittbeste Ergebnis der Partei erreicht. Nun stehen die Bürgerschaftswahlen an. „Geht doch auf die Strasse, kämpft um eure Renten“, schmettert Trude Unruh kämpferisch. Das Parteivolk nickt. „Die Leute nehmen euch nicht ernst, wenn ihr zu weich seid“, heizt sie den BremerInnen ein.

Adolf Berenthal zum Beispiel hat da eine Idee: Er will am Infostand die PassantInnen auf Themen ansprechen, die so richtig „weh tun“: “Die Arbeitslosigkeit etwa, im Alter von 45 Jahren. Diese Leute sind nicht mehr zu vermitteln, dabei können sie noch soviel leisten.“ Doch Trude Unruh weiß es wieder besser: „Das sagen doch alle, das sagt sogar der Kohl. Man sollte die Finger direkt in die Wunde stecken und die hohe Verschuldung der Stadt ansprechen.“ Damit ist das Thema Bremen auch schon abgehakt. Alle nicken. Sich mit der Unruh anlegen, traut sich keiner. „Das ist ja auch nur ihre Art, und es geht nicht an die Substanz“, sagt eine Frau. Antonia Ivanov