Wachsende Spannungen in Ruanda

■ Angriff aus Zaire / Tansania will Flüchtlinge loswerden

Nairobi (taz) – Soldaten der geschlagenen ehemaligen ruandischen Armee haben am Mittwoch aus dem zairischen Exil ein abgelegenes Fischerdorf im Südwesten Ruandas überfallen. Sechs Fischer aus dem Ort Nyamasheke werden vermißt. Die etwa 50 bewaffneten Angreifer konnten UNO-Angaben zufolge erst nach zwei Stunden von Regierungstruppen nach Zaire zurückgedrängt werden. UNO-Sprecher Stephane Grenier nannte den Überfall die erste große Attacke seit der Flucht des größten Teils der geschlagenen Armee im Juli letzten Jahres.

Unter den von der UNO geschätzten mehr als zwei Millionen Flüchtlingen, die noch immer außerhalb Ruandas leben, befinden sich mindestens 30.000 ehemalige Regierungssoldaten und etwa 10.000 Milizionäre, denen der Völkermord an der Bevölkerungsminderheit der Tutsi und die Massaker an Oppositionellen im vergangenen Jahr zur Last gelegt werden. Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen beklagen regelmäßig die sich verschlechternde Sicherheitslage in Flüchtlingslagern und mutmaßen, daß die Ex-Soldaten von den Lagern aus einen Angriffskrieg gegen Ruanda organisieren könnten. Auf einem Gipfeltreffen in der kenianischen Hauptstadt Nairobi hatten sich am Wochenende die Präsidenten von Ruanda, Burundi, Sambia, Uganda, Tansania und Kenia sowie der Premierminister von Zaire dafür ausgesprochen, Unruhestifter in den Flüchtlingslagern von anderen Hilfesuchenden zu isolieren.

Während fraglich blieb, ob sich Zaire an diese Absprache halten wird – Präsident Sésé Séko Mobutu, dem im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise eine Schlüsselrolle zugeschrieben wird, hatte in letzter Minute seine Teilnahme an dem Gipfel abgesagt –, hat Tansanias Außenminister Joseph Rwegasira jetzt angekündigt, seine Regierung wolle die 400.000 in seinem Land lebenden Flüchtlinge „im Rahmen der Beschlüsse“ so bald wie möglich repatriieren. Wachsende ökologische Probleme und eine Destabilisierung der Regionen um die Camps machten die Repatriierung erforderlich. Außenminister Rwegasira versicherte den Flüchtlingen, sie könnten „ohne Angst um ihr Leben“ nach Ruanda zurückkehren.

Das allerdings ist fraglich. Drei ruandische Offiziere der neuen Regierungsarmee sind verhaftet worden und erwarten ihre Verhandlung vor einem Kriegsgericht wegen eines bewaffneten Überfalls auf ein Lager von Kriegsvertriebenen am vergangenen Wochenende im Südwesten Ruandas. Bei dem Angriff waren zwölf Camp-Insassen getötet und 36 verletzt worden. Die Lage in bestimmten Regionen Ruandas bleibt weiter explosiv. Bettina Gaus