Einfrieren statt Sanieren

■ Bahn-Sparkurs: Kaum Reparaturen

Augsburg (taz) – Seit elf Wochen machen Schnellzüge auf Deutschlands meistbefahrener Bahnstrecke Augsburg-München vor allem eines: bremsen! Statt mit Tempo 130 geht es auf dem Streckenabschnitt Augsburg-Hochzoll nur mit Tempo 70 voran. Der Grund für das verlangsamte Fahren und täglich Tausende von verspäteten Fahrgästen sind zwei defekte Weichen. Doch sie sind nicht die einzigen Hindernisse zwischen Ulm, Augsburg und München. Durch insgesamt fünf Langsamfahrstrecken verzögert sich die Reise um sieben Minuten.

Handlungsbedarf hat nun auch die Bahn erkannt. Dieter Thoma von der Bahn AG in München schiebt die Verzögerung der Reparaturarbeiten auf das Wetter. „Die Weichen sollten ursprünglich bis spätestens Mitte Dezember ausgetauscht werden.“ Dann aber seien die Arbeiten wegen der beginnenden Frostperiode verschoben worden. Eine wenig schlüssige Erklärung, denn in Augsburg-Hochzoll herrschten bis zum 14. Dezember Temperaturen, die deutlich über den drei Grad plus lagen, ab denen laut Bahn AG Schienenarbeiten möglich sind.

Ein überraschender Frosteinbruch kann also nicht der wahre Grund für die nichtausgeführten Reparaturarbeiten gewesen sein. Es liegt wohl eher an den Bilanzen. Bahnmitarbeiter berichten nämlich von einer ganzen Reihe ähnlicher Vorgänge. „Uns ist schon im August das Geld für Reparaturen ausgegangen, wir hatten ja heuer auch nur siebzig Prozent der Gelder vom Vorjahr zur Verfügung“, sagt beispielsweise ein Bautruppleiter aus Baden-Württemberg. Es ginge den Bahnverantwortlichen darum, das erste Geschäftsjahr der Privatisierung „um jeden Preis mit einer sogenannten schwarzen Null abzuschließen“. Es werde an allen Ecken und Enden gespart, selbst bei dringend erforderlichen Sanierungsarbeiten. Inzwischen sei es sogar schon so weit, so ein Bahnmitarbeiter, daß alte Anlagen stillgelegt würden, nur um an Ersatzteile zu kommen. Klaus Wittmann