Vergewaltigung in der Ehe soll strafbar sein

■ Horst Eylmann (CDU) rechnet mit einer Reform des Strafrechts noch in diesem Jahr

taz: Warum ist die Vergewaltigung in der Ehe nicht schon längst strafbar?

Horst Eylmann: Die Frage ist berechtigt. Wir waren uns bereits 1988 in der Koalition einig, daß die Strafbarkeit der Vergewaltigung auch auf die Ehe erstreckt werden soll. Es gab dann den Einwand, daß im Falle der Schwangerschaft die kriminologische Indikation für den Abbruch nicht auf die Vergewaltigung in der Ehe erstreckt werden dürfe. Das war ein Einwand der CSU und der katholischen Kirche. Daraufhin ist die Sache zunächst auf Eis gelegt worden. Ich habe diesen Einwand zwar nie für gerechtfertigt gehalten, aber alle Fragen, die mit der Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs zusammenhängen, sind ja in den letzten Jahren hoch emotional diskutiert worden.

Mit einem Gesetzentwurf der CDU ist demnach nicht zu rechnen, bevor das Abtreibungsrecht endgültig geregelt ist?

Nein, das heißt es nicht. Das Bundeskabinett, dem ja auch die CSU angehört, hat sich für die Reform des Sexualstrafrechts ausgesprochen und grundsätzlich zugestimmt, daß die Vergewaltigung in der Ehe strafbar sein soll. Das ist am Mittwoch anläßlich des Bundesratsentwurfs geschehen. Die Bundesjustizministerin hat sich dafür ausgesprochen, diesen Bundesratsentwurf sogar noch in Richtung Schutz der Frauen auszuweiten und zu verbessern. Das Bundeskabinett hat dem zugestimmt, so daß ich jetzt eigentlich mit einiger Erleichterung feststellen kann, daß die Sache vorankommt, an der ich seit acht Jahren arbeite.

Und Sie befürchten nicht erneute Gegenstimmen?

Die sind nicht auszuschließen. Aber das Argument der kriminologischen Indikation ist jetzt endgültig weggefallen.

Welche Reformvorschläge sind durchsetzbar?

Die Worte „außerehelich“ werden aus den Paragraphen 177 und 178 des Strafgesetzbuches gestrichen. Wir werden die beiden Vorschriften zu einer Norm zusammenfassen. Es gibt ja schon seit Ende der achtziger Jahre Entwürfe dafür, da können wir auf altes Material zurückgreifen. Es hat auch schon Überlegungen hinsichtlich des Gewaltbegriffes gegeben, da müssen wir mal sehen, welche Vorschläge aus dem Justizministerium kommen. Und wir werden uns mit der Frage beschäftigen müssen, was ist, wenn die Ehefrau nach einer Vergewaltigung die Ehe fortsetzen möchte. Ich neige der Lösung zu, daß das Verfahren gar nicht stattfinden darf, wenn die Frau widerspricht.

Zur Zeit setzt Vergewaltigung die Gewaltanwendung gegenüber der Frau voraus. Wäre es denkbar, daß man für eine Strafbarkeit genügen läßt, wenn der Beischlaf gegen den Willen der Frau geschieht?

Ich warne vor zu hohen Erwartungen. Selbst wenn wir eine entsprechende Formulierung finden, kann man dadurch Zweifelsfälle, die auch in der Vergangenheit bereits zu Freisprüchen geführt haben, nicht lösen. Wenn ich nicht nachweisen kann, daß der Mann gewaltbereit und sein Auftreten bedrohlich war, dann hilft mir auch eine Änderung des Gewaltbegriffes nichts. Ich kann ja nicht zur Umkehr der Beweislast oder zu einer Verdachtsstrafe kommen.

Wie lange wird es noch dauern, bis ein Gesetz verabschiedet wird?

Da wir auf langjährig erarbeitete Materialien zurückgreifen können, müßte es möglich sein, das Gesetzgebungsverfahren vor der Sommerpause abzuschließen, auf jeden Fall aber noch in diesem Jahr. Interview: Gesa Schulz