„Erfolgreiches Sommertheater“

■ Bremer Bilanz des Heilbronner Ozon-Versuchs: Politisch richtige Aktionen

Chemisch falsch, aber politisch richtig – das ist das Fazit von Bremer UmweltschützerInnen zu den Forderungen nach lokalen Fahrverboten bei Ozonalarm, die noch in diesem Sommer erhoben wurden. Denn die Auswertung des bundesweit mit Spannung beobachteten Ozon-Versuchs in Heilbronn hat die These widerlegt, mit lokalen Fahrverboten ließe sich der lokale Ozongehalt der Luft beträchtlich senken: 70 Prozent des Ozons in der Luft wurde im Heilbronner Versuch von außen in das Gebiet hereingetragen. Trotzdem heften sich die UmweltschützerInnen die aktuelle Diskussion um eine Ozonverordnung an die Fahnen: Inzwischen hat sich selbst Umweltministerin Angela Merkel für eine bundesweite Regelung ausgesprochen.

Denn Sommersmog durch Ozon war in den verganenen Sonmern ein heißes Thema: Straßenblockaden, Diskussionen in der Bürgerschaft, Presserklärungen schwankten zwischen den Polen „Fahrverbote mindern Ozon“ und „Fahrverbote helfen nichts“. Die Abteilung „Immissionsschutz“ beim Umweltsenator propagierte beharrlich eine „großflächige Lösung“ und wetterte gegen „sinnlose lokale Fahrverbote.“ Das Problem des bodennahen Ozons sei nur großflächig anzugehen, am besten in Zusammenarbeit mit allen europäischen Staaten. Die grüne Bürgerschaftsfraktion und der BUND hielten dagegen: Lokale Fahrverbote brächten nicht nur politischen Druck, sondern auch spürbare Entlastung der Luft: „Durch solche Maßnahmen ließen sich besonders Ozonspitzenwerte dämpfen“, schrieb der BUND im April 1994. Und die Grünen meinten 1993, es sei „nachgewiesen, daß durch das starke Verkehrsaufkommen in Ballungsräumen die Ozonbelastunghausgemacht ist.“

Diese Schlußfolgerung wird von den Heilbronner Ergebnissen aber erstmal widerlegt. Chemisch sei der Verweis auf großflächige Fahrverbote richtig gewesen, räumt Lisa Hackstein, grüne Umweltpolitikerin und vehemente Vertreterin von lokalen Fahrverboten jetzt ein, politisch aber nicht: „Diese Haltung könnte schnell dazu führen, daß man sich zurücklehnt und daß die nächsten 30 Jahre nichts passiert.“

Denn der Heidelberger Versuch hat durchaus für eine sauberere Luft gesorgt, meint auch Peter Müller, Verkehrsexperte beim BUND und immer an vorderster Front der OzonbekämpferInnen. „Das krebserregende Benzol und Stickoxide sind vermindert worden, es gab weniger Lärm und weniger Unfälle. Und der Versuch hat ja auch bewiesen, daß 30 Prozent des Ozons eben doch lokal erzeugt werden.“ Außerdem, so Müller, sei das Ozon in Heilbronn aus den anderen nahen Industriestädten gekommen: „Die Situation wäre hier anders, weil Bremen selbst das Ozon erzeugt. Es käme auf einen Versuch an.“

Unbestritten seien die großen Städten mit ihrem Verkehr die Hauptverursacher von bodennahen Ozonbelastungen, meint der Verkehrsexperte, also müsse auch eine Reduzierung in ihnen ansetzen. Fahrverbote in Bremen, meint Müller, kämen allerdings vor allem den niedersächsischen Umlandgemeinden zugute. Das aber sei dann politisch doch nicht mehr zu vermitteln – in Bremen das Auto stehenlassen, damit die Luft in Lilienthal besser wird. Viel wichtiger sei, daß der Versuch inzwischen allgemein zu der Einsicht geführt habe, daß es zu flächendeckenden Reduzierungen beim Verkehr kommen müsse.

Einen Anfang dabei haben Bremen und Niedersachsen mit ihrer gemeinsamen Sommersmogverordnung aus dem September 1994 gemacht: Demnach treten in Bremen und Niedersachsen Tempolimits für Städte und Autobahnen in Kraft, wenn die Ozonbelastung bei mehreren Meßstellen über 215 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt. Die Umweltminister der Länder hatten im November die Schaffung einer bundeseinheitlichen Ozon-Verordnung verlangt, was Umweltministerin Merkel jetzt aufgegriffen hat. „Das Sommertheater“, so damals eine Bilanz von Umweltsenator Ralf Fücks, „hat sich gelohnt.“ bpo