Mit dem Bleistift gegen die Preag

■ PDS initiiert Bürgerantrag gegen Stadtwerke-Verkauf / Dabei: ein Bürgerschaftsabgeordneter

Seit November letzten Jahres ist die neue Bremer Landesverfassung in Kraft, nun steht der erste BürgerInnenantrag vor der Tür. Gestern stellte sich eine frischgebackene Initiative der Bremer Öffentlichkeit vor. Ihr Ziel: Der anstehende Verkauf von 49,8 Prozent der Stadtwerke soll nach Möglichkeit verhindert werden. Höchstens 24,9 Prozent soll Bremen auf den Markt bringen, und ein Verkauf an die Atomstromproduzenten Veba und Preag kommt nicht in Frage. Um darüber eine feurige öffentliche Diskussion zu enfachen, haben sich die EnergieaktivistInnen etwas ganz Besonderes ausgedacht. Sie wollen einen BürgerInnenantrag stellen: Es müssen 12.000 Unterschriften unter einem Antrag zusammenkommen, dann können Bremer BürgerInnen ihre ParlamentarierInnen in der Bürgerschaft zwingen – nicht etwa ein Gesetz zu verabschieden, sondern den Antrag zu diskutieren und abzustimmen.

Initiiert wurde der Antrag von der Bremer PDS, mittlerweile haben sich eine ganze Reihe von Umweltverbänden und einige Grüne zu der Aktion bekannt. Pikant: Einer der Initiativensprecher ist der Grüne Bürgerschaftsabgeordnete Walter Ruffler. Der will nun also mit 11.000 Unterschriften das erreichen, wofür seine Heimschreibmaschine ausreicht: Jeder Bürgerschaftsabgeordnete kann einen Antrag einbringen. Ruffler gestern vor JournalistInnen: „Ich sitze hier nicht als Abgeordneter sondern als Mitglied der Initiative.“ Klaus Rainer Rupp vom Landesvorstand der PDS: „Uns geht es vor allem um die öffentliche Diskussion.“

Sowohl SPD als auch Grüne haben eindeutige Beschlußlagen zum Stadtwerkeverkauf: Nicht mehr als 24,9 Prozent, und kein Verkauf an Atomstromproduzenten und Vorlieferanten (die Bremen zum Absatzmarkt degradieren könnten). Diese Beschlüsse hat der Senat allerdings schon weit hinter sich gelassen. Das Wirtschaftskabinett, das sind Bürgermeister Wedemeier, Umweltsenator Fücks, Wirtschaftssenator Jäger und Finanzsenator Fluß, haben im letzten Jahr unter dem Druck des Klöckner-Risikos und der allgemeinen Haushalts-Notlage die Marge von 49,8 Prozent vereinbart. Und verhandelt wird mit allen. Allerdings behielt Umweltsenator Ralf Fücks die Hand an der Notbremse: 49,8 nur, wenn die energiepolitischen Rahmenbedingungen stimmen. Und ein Verkauf an einen Atomstromproduzenten sei gar nicht drin. Daß sich der Grüne durchsetzen könnte, daran will die Initiative nicht so recht glauben. „Wenn dann an Ostern ein unterschriftsreifer Vertrag vorliegt, dann kann keiner dem Druck standhalten“, sagt PDS-Vorstand Rupp.

„Bremen muß seine Kompetenz in der Energiepolitik behalten“, findet Walter Ruffler. Bislang sei es zwar schwierig gewesen, ökologische Energiepolitik in die Stadtwerke zu tragen, aber das könne sich ändern. Die Preag sei eher der Garant für das Gegenteil: Ein Atomstromlieferant, der offensiv gegen Ökotechnologien wie die Kraft-Wärme-Kopplung vorgehe und der im Zweifel lieber seinen woanders produzierten Strom verkaufen wolle, statt die Kapazitäten in Bremen zu halten. Die Folge sei ein Arbeitsplatzabbau bei den Stadtwerken. Außerdem sei der finanzielle Druck auf Bremen wegen des Klöckner-Verkaufs längst nicht so groß, daß dafür ein Verkauf von 49,8 Prozent nötig wären. Und andererseits seien die Haushaltsnotlagen, die nach dem Ablauf des Sanierungsprogramms drohten, so groß, daß der Verkaufserlös der Stadtwerke, 5-600 Millionen Mark, nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“ sei, so Ruffler.

Es hat eine Weile gedauert, bis die InitiatorInnen eine halbwegs stattliche ErstunterzeichnerInnenliste beisammenhatten. Beim BUND hatte es arge Zweifel gegeben, ob die umweltpolitische Verbrüderung mit der PDS der Sache nicht schaden könne, doch am Ende unterschrieb der BUND wie Robin Wood und eine Reihe von EnergieexpertInnen. Abgeblitzt ist Ruffler bei seiner eigenen Fraktion. „Die Ziele sind ok“, sagte Fraktionssprecherin Elisabeth Hackstein. „Aber was sollen wir mit einem BürgerInnenantrag? Wir sind Regierungsfraktion. Wenn die Partei will, kann sie ja Veto einlegen.“ J.G.