Straße nach Sarajevo bleibt geschlossen

■ Serbische Belagerer verhindern die Öffnung des „Blauen Korridors“ / Waffenstillstand in Bihać und Srebrenica gebrochen

Berlin (taz) – Auch gestern weigerten sich die Belagerer von Sarajevo, der Öffnung des sogenannten „Blauen Korridors“ zuzustimmen. Dieser Korridor führt in West-Ost- Richtung über den von UN-Truppen kontrollierten Flughafen der Stadt und verbindet diese mit bosnisch-kontrolliertem Gebiet. Dagegen hatte die bosnische Regierung am Samstag zeitweilig die Öffnung des Gegenkorridors, der die serbisch besetzten Städte Ilidza und Lukavica miteinander verbindet, erlaubt. Auch dieser Korridor führt über den Flughafen Sarajevos, allerdings in Nord-Süd-Richtung.

Nach Angaben eines Sprechers der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen, UNHCR, wird mit diesen Maßnahmen der serbischen Seite die Versorgungslage in der Stadt verschärft. Denn die humanitären Güter, die über den Flughafen in die Stadt gelangen können, reichten bei weitem nicht aus, den Bedarf an Lebensmitteln zu decken. Über den Blauen Korridor könnten zusätzlich zu der humanitären Hilfe, die lediglich aus Grundnahrungsmitteln wie Mehl oder Bohnen bestehe, komerzielle Transporte mit Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln in die Stadt gelangen und somit die Versorgungslage bedeutend verbessern.

Offenbar will die serbisch-nationalistische Seite die Straße weiterhin für kommerzielle Konvois sperren und ihre Öffnung lediglich für Transporte internationaler Hilfsorganisationen zulassen. Die UNO hatte schon zugestimmt, nur Zivilfahrzeuge und Hilfslieferungen über den Korridor passieren zu lassen, was wiederum die Proteste der bosnischen Regierung hervorrief. Sie weigert sich, die bei den Verhandlungen der letzten Woche erreichten Ergebnisse in bezug auf die bosnischen Konvois in Frage stellen zu lassen.

Angesichts der serbischen Haltung zog die bosnische Regierung am Sonntag die Zusage wieder zurück, den serbischen Korridor zu öffnen. Heckenschützen beider Seiten sind in der Lage, den Flughafen zu beschießen und damit jeglichen Verkehr auf dem Flughafen zu bedrohen.

Unterdessen ist der seit Anfang Januar in Kraft gesetzte viermonatige Waffenstillstand in Bosnien nicht nur „gefährdet“, sondern wurde mehrmals gebrochen. Aus der Bihać-Region, sowohl aus Velika Kladuša wie aus Bosanska Krupa und aus Bosanska Otoka, wurden schwere Kämpfe gemeldet. In Bihać wurden am Samstag fünf Menschen durch eine Granate getötet, die von Krajina-Serben abgefeuert wurde. Schon in der letzten Woche sind serbische Angriffe aus der Enklave und UNO- Schutzzone Srebrenica gemeldet worden. Erich Rathfelder