Super ist die Bilanz von Berti

Die FIFA-Statistik lügt höchstwahrscheinlich nicht: Bundestrainer Vogts (Kleinenbroich) ist in mancher Beziehung abseits der Normalität besser als sein Ruf  ■ Von Rainer Hennies

Berlin (taz) – Immer lästern alle über den Bundestrainer. Doch jetzt ist es raus: Der bisweilen gescholtene Hans-Hubert V. ist besser als sein Ruf. Hm, zumindest erfolgreicher. Dies erweist sich auf das Eindrücklichste, wenn man eine Untersuchung des Weltfußballverbandes FIFA über sämtliche Länderspiele der letzten zehn Jahre mit der nunmehr fast viereinhalb Jahre währenden „Ära Vogts“ vergleicht.

Jene Untersuchung weist dem altinternationalen Terrier aus Kleinenbroich einen Platz abseits jeglicher Normalität zu. Denn siehe: Fast alle Aussagen der FIFA-Expertise treffen auf Berti Vogts nicht zu! Etwas über 4.300 Länderspiele haben die Statistiker aus Zürich untersucht. Und dabei Erstaunliches ermittelt. Zum Beispiel, daß drei Viertel aller Partien einen Sieger haben! Weltweit wird fast jedes zweite Heimspiel (49 Prozent) gewonnen! Die Vogts-Bilanz nach 51 Spielen (32 Siege, 11 Remis, 8 Niederlagen) ist besser, trennt man jedoch Heim- und Auswärtsspiele, ist sie sogar deutlich besser. Denn von 16 Heimspielen hat Vogts 11 gewonnen (69 Prozent), liegt damit um 20 Prozent über dem FIFA-Mittel. Nur zwei Spiele (zwölf Prozent) gingen verloren. Über Auswärtssiege jubelte Vogts bisher viermal so häufig, wie er es nach dem FIFA-Mittel gedurft hätte: 15 Siege in 21 Spielen entsprechen einer Quote von 71 Prozent. Und noch etwas: Nur jedes zehnte Auswärtsspiel hat Superberti verloren.

Trennt man nach Freundschafts- und Wettkampfspielen, differieren die FIFA-Daten nur geringfügig. Ein Prozent häufiger gewinnen Nationalteams auswärts, wenn es freundschaftlich zu Felde geht. Bei Heimspielen beträgt diese Differenz gar drei Prozent. Was das bedeutet? Die Mär, Freundschaftsspiele würden nicht so ernst genommen, wird eindrücklich ad absurdum geführt. Insbesondere von Berti Vogts. Dessen Spieler brauchen keine zusätzlichen finanziellen Anreize, um in Freundschaft siegen zu können. Vogts gewinnt nicht nur 52 (das FIFA-Mittel), sondern 64 Prozent der Testspiele und verliert nur knapp jede zehnte Partie.

Auswärts sind die DFB-Kicker noch besser: 65 Prozent Siege und 12 Prozent Niederlagen. Bei Wettkampfspielen lautet die Heimbilanz gar 80 zu 20 Prozent. Und jetzt kommt's: Auswärts wurden sämtliche Spiele gewonnen! Na bitte: „Wir müssen und wir werden gewinnen.“ Sagt stets Berti Vogts. Und? Recht hat er.

Allerdings: über die Spielqualität sind damit keine Aussagen getroffen. Und dann ist da noch Vogts' veritables Problem mit neutralen Böden. Denn dort, das ist meist bei Turnieren wie Europa- und Weltmeisterschaften, kommt Vogts über Mediokres nicht hinaus. 46 Prozent Siege und 31 Prozent Remis entsprechen zwar der FIFA-Erkenntnis, nach der auf neutralem Boden 79 Prozent aller Spiele einen Sieger finden, doch was will uns das sagen? Und 23 Prozent Niederlagen stehen in einem krassem Mißverhältnis zur Gesamtbilanz (zwölf Prozent). Wie kommt's?

Und was, um Himmels willen, ist die Remisbilanz bei Freundschaftsspielen auf neutralem Boden? Verheerend! Die Statistik lügt nicht: In viereinhalb Jahren, das ist die bittere Wahrheit, hat Vogts auswärts kein Heimspiel mehr gewonnen.