Interview
: „Die Säle immer vollkriegen“

■ Werders Willi Lemke über Sport- und Kulturmanagement in Bremen

taz: Brauchen die Fußballfans denn unbedingt Nachhilfe, damit sie auch mal ins Theater gehen?

Willi Lemke: Keine Nachhilfe, aber es ist unheimlich schwer, solche Schwellenängste abzubauen. Dem klassischen Werderfan traue ich nicht zu, daß er ein Abonnement beim Goethetheater hat. Mit Dingen wie dem geplanten Schminkwettbewerb oder der Einladung zum Theaterfest nimmt man ihm die Angst, da überhaupt hinzugehen. Das ist für mich ein Stück Fan-Arbeit, aber auch ein Stück gesellschaftspolitische Arbeit.

Das fällt natürlich auch positiv auf den Verein zurück. Ist das auch ein Versuch, das proletarische Image des Fußballs zu übertünchen?

Im Weserstadion haben wir alle Bevölkerungsschichten. Einige Leute auf der Südtribüne haben sicherlich auch ein Theaterabonnement. Und der klassische Fan in der Ostkurve ist auch kein Proletarier. Der hat nur andere Interessen in seinem Leben als die Kultur. Den fürs Theater zu interessieren, das finde ich sehr spannend. Sowas geht natürlich nicht in zwei, drei Monaten.

„Theater muß so spannend sein wie Fußball“, hat Klaus Pierwoß über ihre Zusammenarbeit gesagt. Was können Theaterleute und Kicker denn voneinander lernen?

In beiden Häusern, im Weserstadion wie im Theater, will man Leute unterhalten. Das muß professionell gemacht sein, damit das Stadion ausverkauft ist und das, was wir dort inszenieren, auch bezahlbar ist. Genauso muß es das Ziel des Theaters sein, die Säle immer voll zu haben. Ich weiß, daß das viel schwerer ist am Theater. Obwohl ich schon manchmal davon träume, wie das wäre, wenn ich jeden Platz im Stadion vom Staat subventioniert bekäme. Aber es müßte langfristig doch das Ziel sein, Plus/Minus Null zu wirtschaften. Wir müssen täglich kämpfen um die Zuschauer, das muß das Theater auch.

Und wer bezahlt den Doppelpaß zwischen Sport und Kultur?

Das ist ja das Schöne: Das ist ein Modell, das überhaupt nichts kostet. Wenn Pierwoß bei jedem Bundesligaspiel zwei Freikarten verschenkt, kostet ihn das nichts, weil die Sitze sonst sowieso frei blieben. Genauso ist es gut, wenn wir freie Plätze durch Theaterabonnenten besetzen können, die für nicht ausverkaufte Spiele 20 Prozent Rabatt bei uns bekommen. Und wenn ich im „Werder-Echo“ mal über neue Premieren im Theater berichte, dann ist das auch gut fürs Theater. Dann sind die auch bei einer neuen Klientel im Gespräch, und die Leute im Weserstadion kapieren: Es gibt auch noch was anderes außer Werder, nämlich das Bremer Theater.

Welche Aufführung haben Sie zuletzt in Bremen gesehen?

Das ist lange her, da war ich mit meiner Frau in einem Schauspiel, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, was das war...

Die neue Intendanz konnte Sie nicht motivieren, mal wieder hinzugehen?

Ich bin einmal im Jahr in London und schau mir da die aktuellsten Musicals an. In „Les Miserables“ war ich schon zweimal drin, einmal waren wir mit der ganzen Mannschaft da. Aber hier? Schauen Sie mal in meine Terminkalender. Jetzt freue ich mich auf den „Biberpelz“ und auf „Anatevka“ in Bremen. Fragen: tw