Illustrierte Bremer Zeitschriften-Revue (6)

Viele Blüten hat dieses Heft, das heißt, im Grunde ist es ja selbst eine: Die Sumpfblüte ist im Oktober 94 dem „Sumpf“ der Bremer Blattlandschaft entsprungen. Der neugegründete Bremer „Verein zur Entschärfung gesellschaftlicher Konflikte“ hat sie gesät. Er will aus dem Sumpf von Ausgrenzung und sozialer Kälte „etwas Positives“ ziehen. Zum Beispiel ein tiefblaues Heft, die zweite Ausgabe der Sumpfblüte, die seit Januar durch Bremens Kneipen geistert.

Wer meint, wir bekämen da ein zartes Pflänzchen in die Hände, der irrt. „Gedanken zur Ausländerfeindlichkeit“ stehen in der Sumpfblüte. Die AOK und die codierte Tonne werden auf die Schippe genommen, und „die außersümpfische“, ehemalige „Alkistin“ Lilo Sch.-Hofberger weiß einiges von den zwanglosen Guttemplern zu erzählen. Lilo Sch.-Hofberger schreibt über ihre Probleme mit dem Alkohol und dem Entzug, „für die gesamte Blütenpracht“.

Denn die Sumpfblüte will AutorInnen aus den Randgruppen haben, will Forum sein – und hat damit die größten Probleme. Kaum jemand meldet sich. Auch die Vertriebsidee, nach dem Vorbild der Obdachlosenzeitungen, eine Mark aus dem 3-Mark-50-Preis den VerkäuferInnen zu überlassen, ist bislang ungehört verpufft. Also verteilen die Herausgeber (aus dem sozialpädagogischen Milieu) die Sumpfblüte, und also finden wir StudentInnen, Tiefbauarbeiter, den suspendierten Pastor Wolfgang Schiesches und Nebenbeischreiber im Blatt.

Schade eigentlich, weil die Sumpfblüte eben nicht durch eine (ziemlich undifferenzierte) Abhandlung über Erziehungsstile interessant wird. Durch Menschen wie Lilo Sch.-Hofberger keimt dieses Blatt auf, und durch die Hutwesen und Sternenzahnsauger in den Comics von Judy Malduhn. Ehe die Sumpfblüte in der Bäckerblumen-Rubrik „Gemeinsam Essen...“ dann gänzlich aufblüht: „Wie immer soll der Einkauf nicht über 40 Mark steigen und für 8 Personen reichen... Gemeinsam Essen schafft gute Atmosphäre...Wie immer das Gemüse waschen...“

Da stört dann auch keine „Wahrnung“, kein „Hinweiß“ mehr. Was wäre denn eine Sumpfblüte ohne ihre eigenen Stilblüten? Sumpfblüte, das Gesellschaftsmagazin, sucht SchreiberInnen, Anzeigen und Mäzene! (Tel. 70 76 41) sip