Der Held von Hannover

■ In Bremen beim Neujahrsempfang der Bundeswehr: General Schultze-Rhonhof, der Mann, der nicht sagte: Das Bundesverfassungsgericht ist ein Volksgerichtshof

Der Held von Hannover in Bremen! Rund zweihundert Herren in Feldgrau, Marineblau und dunklem Zwirn sowie vier Damen drängten sich im stickigen Obergeschoß des Bundeswehrhochhauses zu Bremen, um IHN zu sehen, IHN zu hören, IHM den Rücken zu stärken: Generalmajor Gerd Schultze-Rhonhof. Der General wirkte nach geschlagener Schlacht erschöpft, angeschlagen, er schwitzte, leckte die Lippen, doch der Siegeswille in seinen stahlblauen Augen schien ungebrochen.

Atemlose Stille. Die Lautsprecheranlage war ausgefallen, doch ein deutscher Zweisternegeneral braucht kein Mikrophon. „Ich bin die letzten Tage etwas strapaziert worden.“ Punkt. Dann, dunkel: „Die Zusammenarbeit mit den Medien war gut, besonders mit Buten & Binnen!“

Kein Wort über seine Schmerzen, seine Wunden kam über die trutzig geschürzten Lippen. Doch seine Worte von Hannover standen in imaginärer Flammenschrift an der fahnengeschmückten Wand: Der Vergleich von Soldaten mit Mördern ist so absurd und ehrabschneidend, wie es ein Vergleich des Bundesverfassungsgerichts mit dem Volksgerichtshof sein würde. Wo Generäle nicht mit schimmernden Waffen kämpfen dürfen, kämpfen sie mit schneidenden Worten. Gut gegeben den roten Roben, hatte die Truppe getobt. Und die Journaille hatte erbarmungslos dreingeschossen.

Offiziell feierte die Bundeswehr gestern ihren traditionellen Neujahrsempfang im Wehrbereich II (Niedersachsen und Bremen). Da dankt für gewöhnlich die Bundeswehr den Bürgern, und die Bürger danken der Bundeswehr, und alle wünschen sich ein erfolgreiches neues Jahr. Doch gestern drehte sich alles um den Helden von Hannover. Bremen war gekommen, ihm zu huldigen. In warmen Worten dankte Bürgerschaftspräsident Klink der Bundeswehr für ihre Verdienste um die innere Einheit Deutschlands. Er setzte sich nachhaltig für die Meinungsfreiheit deutscher Generäle ein und betonte: „Ihr öffentliches Nachdenken, Herr General, ist verständlich.“ Jubelnde Worte fand Senatsvertreter Claus Jäger: „Er verdient Respekt!“ Warmer Applaus. Und wie zur Belohnung: „Bremen bleibt Garnisonstadt!“

Zum Ende der Zeremonie lief Oberst Dirk von Grone (Verteidigungsbezirk 20 Bremen) zwischen den anwesenden CDU-Landesgrößen, Staatsanwälten, Juristenbundvorsitzenden, Reserveoffizieren, Wehrbereichsverwaltern und Panzerfahrern hin und her und agitierte für den Helden von Hannover. Sprach von der „ciceroschen Sprachweisheit“ des Generals – und bezog sich wohl darauf, daß die Verfassungsgericht-Schelte eine elegante, aber nicht nachzuweisende Schmähung beinhaltet. Schließlich stieß von Grone eine Drohung aus: In Punkt zwei Monaten werde er auch einen Vergleich anstellen. Gewiß fürchterlicher und eklatanter als der von Hannover.

Burkhard Straßmann