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Raucher, ab in die Raucherecke!

■ Bündnis 90/Die Grünen will Nichtraucherschutz-Gesetz einbringen / Köppls Entwurf ist umstritten / Wieland: Eine „Provokation“, die einen Denkanstoß geben soll

Künftig soll in allen öffentlichen Innenräumen, am Arbeitsplatz, in Restaurants und öffentlichen Verkehrsmitteln ein Rauchverbot verhängt werden. So sieht es ein Gesetzentwurf vor, den Bündnis 90/ Die Grünen in das Abgeordnetenhaus einbringen wollen. Die Initiative des gesundheitspolitischen Sprechers Bernd Köppl fand in der Fraktionssitzung am Dienstag abend allerdings nur eine knappe Mehrheit. Von dem Rauchverbot ausgenommen sind Kneipen mit weniger als 50 Sitzplätzen. In öffentlichen Gebäuden werden Raucher in die Raucherzone verwiesen. Solche Raucherecken können, müssen aber nicht eingerichtet werden. Ein Rauchverbot riskieren auch Eltern, bei deren Kindern gesundheitliche Schäden festgestellt werden, die auf Passivrauchen zurückzuführen sind. Das Rauchverbot soll für Räume gelten, die von Kindern unter 14 Jahren regelmäßig genutzt werden. Wer trotzdem zum Glimmstengel greift, dem droht eine Geldbuße von 500 bis 5.000 Mark. Uneinsichtige Raucher, die außerhalb der Raucherzone paffen, müssen mit 100 Mark büßen.

Der Entwurf sieht auch eine Meldepflicht vor. Niedergelassene ÄrztInnen müssen das Gesundheitsamt informieren, wenn der Verdacht besteht, daß Kinder durch Passivrauchen gesundheitlich geschädigt worden sind. Nach Köppls Vorstellung kann das Gesundheitsamt die Eltern dann zu einem Gespräch einladen, bei dem sie ermahnt werden, nicht in Gegenwart ihrer Kinder zu rauchen.

Diese bereits abgeschwächte Fassung des Gesundheitspolitikers stößt in seiner eigenen Fraktion nach wie vor auf Kritik. „Verbote zu erteilen ist eigentlich nicht unser Ansatz“, sagt Rechtspolitiker Wolfgang Wieland. „Der Entwurf arbeite zu sehr mit Repression und zuwenig mit Aufklärung“, meint der Nichtraucher. „Das ist eher ein Raucherverdrängungsgesetz.“

Was die Erfolgsaussichten des Entwurfs angeht, ist Wieland illusionslos: „Das wird so nicht realisiert werden.“ Er sieht die Initiative vor allem als „Provokation“ und „Denkanstoß, der etwas Gutes in Bewegung setzt“. „Wenn wir Regierungspartei wären, hätte ich das nicht durchgehen lassen“, sagt er. Wieland bedauert auch, daß Köppl nicht versucht hat, eine parteiübergreifende Initiative für den Nichtraucherschutz zu starten. „Dann wären jetzt auch Abgeordnete anderer Parteien in der Pflicht, den positiven Kern zu retten. Ich befürchte, daß der Entwurf schlicht abgelehnt wird.“

Bernd Köppl geht es um eine veränderte „gesellschaftliche Leitorientierung“. Es müsse endlich ins Bewußtsein der Menschen dringen, daß die Schäden, die durch Passivrauchen entstehen, eine Form von Körperverletzung darstellen, argumentiert der Gesundheitspolitiker. Gerade Kinder, die sich am allerwenigsten wehren können und deren Organismus zugleich äußerst sensibel auf chronische Tabakrauchbelastung reagiere, müßten geschützt werden. Bei Erwachsenen entspricht ein einstündiges Passivrauchen dem Aktivrauchen von einer Zigarette.

Laut Köppl werden 40 Prozent aller Krebsfälle und ein Viertel der Herzinfarkte durch das Rauchen mitverursacht. Mit einem Nichtraucherschutzgesetz könnte Berlin eine Vorreiterrolle einnehmen. In Bremen wird ein ähnliches Gesetz diskutiert. Im Bundestag will eine parteiübergreifende Initiative in dieser Legislaturperiode einen zweiten Anlauf nehmen. Dorothee Winden

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