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■ Das Europaparlament bestätigt die EU-KommissarInnenEin neuer demokratischer Schub

Wollen täten wir schon, aber dürfen haben wir uns nicht getraut, höhnte die Fraktionschefin der Grünen im Europäischen Parlament. Da lag sie ausnahmsweise falsch. Das hintergründige Wortspiel von Karl Valentin, das so oft auf das zaghafte Europäische Parlament zutraf, diesmal paßte es nicht. Die Mehrheit der Europaabgeordneten wollte diese Kommission nicht ablehnen. Um die fünf schwachen KommissarInnen ging es ohnehin schon lange nicht mehr. Sie werden nach Ansicht der meisten Parlamentarier locker aufgewogen durch eine Reihe starker Politiker, nach denen man in früheren Kommissionen vergeblich gesucht hat.

Die Kritikpunkte, um die es noch ging, sind im wesentlichen Probleme der Grünen. Daß es keinen Kommissar gibt, der sich mit Engagement für Entwicklungshilfe zuständig fühlt, keinen für Gleichstellungsfragen, keinen für Menschenrechte, das stört zwar auch viele Abgeordnete der anderen Parteien. Aber die meisten wollen lieber heraus aus dem Ghetto der politischen Belanglosigkeit, sie wollen mitreden bei den Geschäften der Europäischen Union. Und da hat ihnen Santer Hoffnungen gemacht. Santer hat nicht vor dem Parlament kapituliert. Er hat personelle Konsequenzen, bei denen zwangsläufig einige Kommissare ihr Gesicht verloren hätten, zurückgewiesen. Aber er hat damit nicht mehr getan als jeder Chef einer Koalitionsregierung. Die Kommission ist eine Koalition, gestützt von fünfzehn nationalen Regierungen, die eifersüchtig darüber wachen, daß ihre Stellvertreter das größtmögliche Gewicht erhalten. An dieser Machtkonstellation wird sich auch künftig nichts ändern.

Aber Santer hat auch gezeigt, daß er das Parlament als mitgestaltende Kraft in Europa ernst nimmt, ein Gefühl, das die Abgeordneten unter Delors selten erlebt haben. Santer hat keine Vision von Europa wie Delors, er ist auf der Suche und dafür braucht er das Parlament als Gegengewicht zur Versammlung der nationalen Regierungen, dem Ministerrat.

Das ist die eine Seite, die andere ist das gewachsene Selbstvertrauen der Abgeordneten unter ihrem Parlamentspräsidenten Klaus Hänsch. Der Sozialdemokrat nutzte das, was im Maastrichter Vertrag als bloße Formsache gedacht war, nämlich das Recht des Parlaments, die Kommission zu bestätigen, zur Ausweitung der demokratischen Macht. Die Anhörungen der Kommissare haben die Demokratie in der Europäische Union wenigstens zeitweise vom Kopf auf die Füße gestellt: Die Regierung – und die Kommission ist nichts anderes als eine Regierung – ist dem Parlament verantwortlich.

Hänsch hat die Richtung vorgezeichnet. Die Aufwertung des Europaparlaments führt über die Kommission. Die neue Kommission ist verhandlungsbereit, und sie hat mehr als ihre Vorgänger verstanden, daß ihr natürlicher Verbündeter das Parlament ist. Der Maastricher Vertrag räumt der Kommission verschiedene Möglichkeiten ein, Gesetzesinitiativen auf den Weg zu bringen. Bisher hat die Kommission meist den Weg gewählt, bei dem das Parlament nicht viel mitreden kann. Das Parlament war sich offensichtlich so sicher, künftig genügend Druck auf Santer machen zu können, daß es sich die Souveränität leistete, dieser Kommission das Vertrauen auszusprechen. Alois Berger, Straßburg

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