Blumen en bloque

■ Gaumenfreuden für Pflanzenfresser: Bald kommt die Lupine in die Bio-Küche

Paul Bremer ist ein Mann, der so schnell nicht locker läßt. Im Zweifel behält der Bremerhavener Tofureibesitzer den Rührlöffel in der Hand, bis das Ergebnis stimmt. Das heißt „Lupino“, kommt demnächst in die Bioläden und gilt als delikate Angelegenheit: Das Herstellungsverfahren eines genießbaren Eiweißproduktes aus dem Süßlupinensamen jedenfalls steht unter europäischem Patentschutz. Paul Bremer ist ein Erfinder.

„Friedrich der Große und Hippokrates kannten den Lupinensamen schon“, erzählt der Tofu-Fabrikant. Nur wie das Eiweiß der Lupine für den Menschen genießbar zu machen wäre, wußte damals niemand. Das Rätsel löste der rührige Besitzer der Geestland-Tofurei deshalb selbst. Der Coup gelang ihm 1990. Bis dahin war die Lupine lediglich als Viehfutter und blässliche Gründüngung in der Landwirtschaft bekannt. Oder Reisenden als blau- und rosafarbener Autobahnblüher. Ungenießbar sowieso: „Wegen der giftigen Bitterstoffe.“ Aber denen schlug Bremer ein Schnippchen. Nun gibt es den Lupino-Würfel, der ein wenig nach Tofu aussieht. „Zum Braten, Backen und Kochen.“ Und die Paste als Brotbelag.

Bremers besonderer Triumpf: Während ein bekanntes Forschungsinstitut noch an der gewöhnlich bitteren Lupine herumdoktorte, um eßbares Eiweiß und zugleich Bitterstoffe für die Medizin zu gewinnen, griff er gleich zur gezüchteten Süßlupine – und hatte bei seinen „Kochtopfexperimenten“ auch noch Glück.

Die Entdeckungsgeschichte des schnittfesten Lupineneiweiß, die der gelernte Feinmechaniker und Autodidakt in Sachen Bionahrung zum Besten gibt, klingt jedenfalls märchenhaft: Bei einem der rund 2.000 Versuche war er aus dem Hinterzimmer gelaufen. darüber war die Experimenmtiermasse Lupinenmilch dermaßen ins Köcheln gekommen, daß sie erstarrte. Just so, wie der gelernte Feinmechaniker Bremer es sich gewünscht hatte. Und vor allem ohne die lästigen Nebenwirkungen der Sojabohne: Lupinenböhnchen bleiben nämlich ohne Tönchen. „Außerdem wachsen sie in Deutschland, sind im Einkauf billiger und eiweiß- und mineralstoffhaltiger als die Sojabohne“.

Wenn alles gut geht, dann wird Bremer mit der Lupine mehr Geld verdienen, als je mit seinem Tofu. „Wir rechnen mit der vierfachen Nachfrage“, heißt es aus der Tofurei. Die ist bislang Alleinherstellerin. „Möglich, daß wir dann auch am Wochenende arbeiten“, frohlockt der Tofufabrikant.

Auch Jürgen Schalenberg, Biologe am Bremerhavener Institut für Lebensmitteltechnologie und Verfahrenstechnik, bescheinigt der Lupine „Rentabilität“. Er hat schon Lupinenjoghurt verkostet und vom süßen Lupinen-Riegel ebenso genascht, wie von der Lupinen-Brühwurst. „Wenn das hier richtig anläuft, gibt es viele Möglichkeiten zur Weiterverwertung.“ Selbst für Bäcker könnte der Eiweißstoff Okara interessant werden: „Damit schmeckt Brot länger frisch.“ Als Waffe gegen den Hunger in der Welt würde Schalenberg die Lupine allerdings nicht anpreisen, denn: „Wo nichts wächst, wächst auch keine Lupine“.

Eva Rhode