Israel will Palästinenser einzäunen

■ Regierung plant Stacheldrahtzaun rund um die Westbank / Bedeutet das die Vertreibung aller Araber?

Tel-Aviv (taz/AP) – Als Reaktion auf den Bombenanschlag vom Sonntag, bei dem mitten in Israel 18 Menschen an einer Bushaltestelle getötet worden waren, setzt Israels Regierung jetzt auf Stacheldraht. Binnen eines Jahres soll um den jüdischen Staat herum ein Hochsicherheitszaun errichtet werden, um – wie Ministerpräsident Jitzhak Rabin in einer im Fernsehen übertragenen Rede an die Nation sagte – „98 Prozent der Israelis vor dem Terrorismus“ zu schützen. Nach Ansicht von Außenminister Schimon Peres soll der Zaun eine „physische Barriere“ gegen Bombenleger darstellen. Bei einer Kabinettssitzung sagte gestern Umweltminister Jossi Sarid, der Zaun habe sowohl eine Sicherheits- wie auch eine demographische Funktion. Ohne ihn sei zu bezweifeln, „daß wir jemals gutnachbarschaftliche Beziehungen erreichen“.

Mit anderen Worten: Israels Regierung will eine räumliche Trennung zwischen Israelis und Palästinensern – und sie will die Bedingungen dieser Trennung diktieren. Nach Zeitungsberichten wird der geplante Zaun das arabische Ost-Jerusalem und einige Teile der besetzten Westbank zu Israel schlagen. Der Rest der Westbank sowie der Gaza-Streifen bleiben „draußen“, doch der Jordan – der die Westbank von Jordanien trennt – soll „Sicherheitsgrenze“ Israels bleiben. Dieses Konzept wird von Palästinensern als Homeland- Politik nach dem Muster der Apartheid Südafrikas kritisiert.

PLO-Führungsmitglied Nabil Schaath sagte, die Trennung bedeute „Belagerung und Gefangenschaft“ für die Palästinenser. Israels englischsprachige Tageszeitung Jerusalem Post weist in einem Leitartikel darauf hin, daß die Trennung nur mit Hilfe eines Bevölkerungstransfers der palästinensischen Araber möglich wäre. Das entspräche den Vorstellungen israelischer Rechtsradikaler: Ungefähr 150.000 palästinensisch-arabische Bürger Jerusalems müßten vertrieben werden – und was ist mit den 800.000 Arabern, die als Staatsbürger in Israel leben? Die andere Möglichkeit wäre, die Trennung als Vorstufe zur Schaffung eines Palästinenserstaates zu betrachten. Das tut die rechte Likud- Opposition, und sie lehnt den Plan deshalb ab. Und die Siedler auf der Westbank wollen am liebsten einfach die palästinensischen Städte und Flüchtlingslager einzäunen.

Diplomatische Schwierigkeiten bereitet der Umstand, daß ein Zaunbau Israels bestehende Abkommen mit der PLO verletzen würde, da er auf eine faktische Annektion von Teilen der besetzten Gebiete hinausliefe. Schwer zu vereinbaren sind Stacheldrahtzäune auch mit den von Außenminister Peres mehrmals geäußerten Visionen von einem neuen, „offenen Nahen Osten“. a.w.