Unverzichtbares Therapieangebot -betr.: Schließung der Frauenstation in der Dr. Heines-Klinik, taz vom 18.1.95

Betr.: Schließung der Frauenstation in der Dr. Heines-Klinik, taz vom 18.1.

Aufgrund der Konzeption des Frauenhauses werden alle Frauen aufgenommen, die von physischer und psychischer Gewalt bedroht sind. Frauen, bei denen nach der Flucht aus der Gewaltsituation die Problematik des Medikamenten-, Alkohol- oder Drogenmißbrauchs im Vordergrund steht, Frauen mit zwanghaften Ängsten, Phobien, Somatisierung etc. und Frauen mit sexueller Gewalterfahrung sind bei uns im Frauenhaus nicht angemessen versorgt.

Im Alltag des Frauenhauses sind diese Frauen überfordert. Die Anforderungen sind hoch, sowohl im gemeinsamen, beengten Zusammenleben mit Frauen und Kindern, wie im Hinblick auf die Selbsthilfe, d.h. ihr Leben zu ordnen, Entscheidungen zu treffen und neue Lebensperspektiven zu entwickeln. Die notwendige Intensität der Hilfsangebote und Auseinandersetzung kann von den Mitarbeiterinnen des Frauenhauses nicht ausreichend geleistet werden.

An diesem Punkt stellt sich das Problem, daß es keine therapeutischen Einrichtungen für Frauen (und deren Kinder) gibt, die den Zusammenhang weiblicher Lebensbedingungen/ Gewalt an Frauen und Abhängigkeiten sehen und thematisieren. Aus dieser Erfahrung heraus sind wir über die Schließung der Frauenstation in der Dr. Heines Klinik empört. Das Projekt der Frauenstation für die besondere Behandlung und Betreuung von Frauen mit sexuellen Gewalterfahrungen ist in Norddeutschland das einzige und hat einen unverzichtbaren Stellenwert innerhalb der stationären Therapieangebote.

Aus unserer Sicht ist es unverständlich, warum das Projekt zu einem Zeitpunkt, an dem sich deutlich zeigte, daß das bestehende Therapieangebot in der Frauenstation dringend spezifiziert werden muß (z.B. spezielle Therapieangebote für suizidgefährdete Frauen), schließen mußte.

Wir fordern die Wiederaufnahme der Arbeit in der Frauenstation, eine Aufstockung des Personals, Fortbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiterinnen im Bereich sexuelle Gewalt an Frauen und eine adäquate finanzielle Absicherung.

Weiterhin fordern wir den Ausbau frauenspezifischer Therapieangebote (ambulant und stationär), den Ausbau frauenspezifischer Suchtberatung, frauenspezifischer Nachsorge und einer Frauenambulanz (Ärztinnen, Polizistinnen, Rechtsanwältinnen...).

Die Mitarbeiterinnen des autonomen Bremer Frauenhauses