: Pump die Rakete auf!
■ Die Shadoks, die 1968 Frankreich spalteten, jetzt abendfüllend im Eiszeit
Sie leben auf einem Planeten der aus ein paar Strichen besteht. Sie müssen „pumpen und pumpen und pumpen“, damit ihre zackige Rakete endlich zur Erde abheben kann; und wenn sie dabei zu viel Lärm verursachen, werden ihre kopfstehenden Artgenossen auf der unteren Seite des SHADOK- Planeten sauer und hören auf, den Planeten von unten mit den Beinen abzustützen. Dann brechen die oben einfach in den Boden, manchen wird schwindelig, und wenn sie ganz viel Pech haben, purzeln sie ins Nichts des Alls.
Warum die Federviecher mit den staksigen langen Beinen aber einst eine ganze Nation spalten konnten, ist heute nur noch schwer zu verstehen. Nach der siebten Folge der Kurzcomicfilmchen, die 1968 in Frankreich zur besten Sendezeit kurz vor den Fernsehnachrichten liefen, brachen die Maiunruhen aus. Das Protestpotential war in Frankreich scheinbar so riesig, daß Tausende von erbosten Fernsehzuschauern ernsthaft die Absetzung der Shadoks forderten. Dabei hatten die Strichmännchen in den wenigen Folgen nicht mehr gesagt als: Ga-Bu-Zo-Meu! Jacques Rouxel, Zeichner und Erfinder der Tollpatsche, wurde geraten, sich doch schleunigst zum Seelenklempner zu begeben.
Die Proteste riefen dann aber auch die euphorischen Befürworter der Shadoks massenhaft auf den Plan. Sogar Madame de Gaulle war für die Serie. Bei einer Volksbefragung sprach sich die knappe Mehrheit von 51 Prozent für die Shadoks aus: Die Unruhen legten sich, Rouxel durfte weiterzeichnen. Die Krummbeine mühten sich ungeschickt weiter bis 1973, als Rouxel kein neuer Blödsinn mehr einfallen wollte.
Kurze Zeit später liefen die Shadoks dann auch im Dritten des NDR. Aufstände sind hierzulande nicht überliefert, obwohl die coole Relaxtheit der Gegenspieler der Shadoks, der „Gibis“, eigentlich auch hierzulande hätte provozieren können. Die Gibis (eine Anspielung auf Great Britain) dürften es auch gewesen sein, die die Franzosen gegen die Shadoks aufgebracht haben. Ohne Streß, mit reichlich Pausen, können sie ihre Rakete zünden und sich die Erde mal aus der Nähe anschauen. Und die Shadoks pumpen und pumpen... Andreas Becker
„Die Shadoks“, DF täglich um 21.15 Uhr im Eiszeit; OF im Institut Français, Unter den Linden,
26. und 27.1. jeweils um 19 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen