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■ Streit um eine etwas andere KurtaxeKontrollettis in der Loipe

Balderschwang (taz) – Der Anblick mutet utopisch an. Langläufer stehen an einem Automaten Schlange, der aussieht wie ein Parkscheinautomat. Doch sie lösen nicht etwa ein Parkticket, sondern eine Langlauf-Tageskarte, denn in Wirklichkeit handelt es sich um einen „Loipen-Paß-Automat“. Im Dezember sind acht dieser Automaten im österreichischen Kleinwalsertal aufgestellt worden. Die Behörden haben sich die Kontrollstationen, die mit je einem Loipenkontrolleur täglich von 10 bis 13 Uhr besetzt sind, 100.000 Mark kosten lassen. Und so kommt es immer wieder vor, daß einer der Kontrolleure ruft: „Loipenkontrolle!“

Angefangen hat alles auf der bayerischen Seite, im benachbarten Allgäuer Skiort Balderschwang. Dort wurde 1991 eine sogenannte Loipengebühr eingeführt. Langläufer mußten seither fünf Mark für eine Tageskarte bezahlen. Gedacht war die Gebühr als Ausgleich für die hohen Aufwendungen für das Loipenspuren. In Kürze wollte Oberstdorf nachziehen, eine entsprechende Satzung ist in Vorbereitung. Sie wird freilich in der Schublade bleiben, denn vor wenigen Tagen hat das bayerische Umweltministerium entschieden: Loipengebühren sind unzulässig. Der Zugang zur freien Natur, so CSU-Umweltminister Thomas Goppel, müsse kostenlos gewährleistet bleiben.

Lange Gesichter im Allgäu sind die Folge. Doch im nahen Kleinwalsertal schmunzelt man. Hier gilt österreichisches Recht und demzufolge, so Verkehrsdirektor Werner Fink, bleiben die weltweit ersten Loipengebührautomaten stehen. „Aus einem ganz einfachen Grund“, sagt Finks Stellvertreter Rolf Köberle: „Wir haben 44 Kilometer Loipen gespurt, das kostet uns jährlich rund 250.000 Mark. Auswärtige Tagesgäste ohne Kur- und Gästekarte müssen zehn Mark für eine Tageskarte bezahlen, die Walsertaler Gäste und die aus Oberstdorf können mit ihrer Kurkarte umsonst die Loipen benutzen.“

Die Langläufer nehmen es ausgesprochen gelassen hin, selten gibt es Ärger an der Loipen-Mautstelle. „Ich war schon überrascht“, sagt ein Herr aus Südhessen, „aber für das, was hier an Loipen geboten wird, ist das völlig okay.“ Eine Hamburgerin meint, sie habe schon etwas geschmunzelt, als sie die Automaten sah und zur „Loipenkontrolle“ gebeten wurde. „Aber wann bekomme ich schon so etwas zu sehen, mich kratzt das nicht.“

Trotzdem ist man im Kleinwalsertal erschrocken über das bayerische Nein zur Loipengebühr. Schließlich ist das Tal ja in einer Sondersituation. Es ist deutscher Wirtschaftsraum, aber österreichisches Staatsgebiet. Rechtlich ist das in Österreich zulässig, versichern die Verantwortlichen. Spötter munkeln freilich bereits, im Kleinwalsertal würde es möglicherweise bald ein paar gebührenpflichtige Parkplätze mehr geben – die hochmodernen Loipen-Paß- Automaten könnten dann einfach wieder zu Parkscheinautomaten zurückgebaut werden.

In Balderschwang klagt man allerdings, es sei fraglich, ob der hervorragende Loipenservice künftig in der bisherigen Form aufrechterhalten werden könne. Einen Ausweg weist jedoch der Umweltminister den aufgebrachten Allgäuern: Wenn schon keine Eintrittsgebühr in die freie Natur erhoben werden dürfe, könnten die Gemeinden Gebühren für Parkplätze, Umkleidehäuschen oder Wachstationen erheben. Dazu Balderschwangs Verkehrsdirektor Werner Fritz: „Kratzt uns überhaupt nicht, was da aus dem Umweltministerium kommt. Wir haben ohnehin nie eine Loipengebühr kassiert, sondern immer einen Loipenpräparierungsbeitrag.“ Klaus Wittmann

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