■ Vorlauf
: Gegen das Vergessen

Auschwitz-Themenabend auf arte, ab 20.40 Uhr

Die Klarinette von Giora Feidmann, den Kenner zu den großen jüdischen Musikern unserer Zeit zählen, begleitet uns. Es ist die gleiche, die das Solo in der Filmmusik zu „Schindlers Liste“ spielt. Heute soll sie als akustisches Band drei Filme aus Beständen des NDR mit zwei frischen Studiodiskussionen zu einem arte-Themenabend verknüpfen. Der gebürtige Argentinier und seine Improvisationen altjüdischer Klezmer-Musik machen sich auf eine Reise – von jenem Raum in den Hamburger Kammerspielen, der früher als jüdischer Logensaal kultureller Mittelpunkt der Gemeinde, ab Anfang der Vierziger aber Sammelstelle für die Deportationen in die Konzentrationslager war, nach Krakau in die Synagoge, nach Auschwitz und Birkenau, dann zu Holocaust- Erinnerungsstätten in Israel. „Wenn du singst, wie kannst du hassen?“ ist vor allem eine Musikdokumentation.

Betroffenheitsstücke sind auch die beiden anderen Filme des Abends nicht, eher kühle Versuche, das Unbeschreibliche mit ungewöhnlichen Stilmitteln deutlich werden zu lassen: „Aus einem deutschen Leben“ (22.45 Uhr), 1976 nach dem Roman „Der Tod ist mein Beruf“ und autobiographischen Notizen des Auschwitz- Kommandanten Rudolf Höß mit Götz George gedreht, verfremdet Spielhandlung mit Dokumentarischem. Eine beklemmende Studie über die Entstehung eines faschistischen „Charakters“.

Auch der Fernsehfilm „Ein einfacher Mensch“ von Karl Fruchtmann, der den arte-Abend um 20.40 Uhr eröffnet, ist eine Mischform zwischen Spiel und Dokumentation. Darin stellt sich der Jude Jakov Silberberg, der einst zu jenen „Sonderkommandos“ gehörte, die in Auschwitz die Leichen verbrennen mußten, selbst dar. Mehr noch als von dem unsäglichen Leid damals handelt der Film, der 1987 den Grimme-Preis erhielt, vom „Danach“, der Möglich- oder Unmöglichkeit des Zusammenlebens mit uns anderen. Zu den beiden Live-Gesprächsrunden werden Margarete Mitscherlich, Ignatz Bubis und Henry Bulavko, Schriftsteller und Vertreter der französischen Deportierten, erwartet.Ulla Küspert