Diplomatenrummel auf Karadzics Sofa

■ Die UNO läßt ihren eigenen Beschluß, die bosnischen Serben bis zu einer Annahme des Bosnien-Teilungsplans diplomatisch zu isolieren, fröhlich fallen / Kontaktgruppengespräche in Pale

New York (taz) – Die völlig verfahrene Lage in Bosnien läßt der UNO keine andere Wahl mehr. Ohne Widerspruch auch nur eines der 15 Mitglieder segnete der Sicherheitsrat am Montagabend die Verletzung seiner Bosnien-Resolution 942 durch die USA ab. In dieser seinerzeit wesentlich von Washington formulierten Resolution 942 hatte der Rat im September 1994 die „Mitgliedstaaten der UNO aufgerufen, keinen politischen Dialog mit der Führung der bosnischen Serben zu führen, bis diese den Teilungsplan der internationalen Kontaktgruppe voll akzeptiert haben“. Bis Ende Dezember hielt sich die Clinton-Administration an diese Resolution. Doch seit Donnerstag letzter Woche erhält Serbenführer Radovan Karadžić in seinem Hauptquartier in Pale wiederholt Besuch von führenden US-Diplomaten, darunter das US-Mitglied der Kontaktgruppe, Charles Thomas, und der Vize-Botschafter in Sarajevo, John Menzies. Der Anfang Januar in Kraft getretene, immer wieder von den Serben verletzte Waffenstillstand habe „eine mögliche Gelegenheit für neue Verhandlungen geschaffen, die wir nicht vorübergehen lassen sollten“, begründete die Clinton-Administration das in einem Brief an Bosniens Präsident Alija Izetbegović.

Zu „Konsultationen“ nach Washington zurückbeordert wurde unterdessen der US-Botschafter in Sarajevo, Viktor Jackovic. Auch dies verweist auf eine Neuorientierung der Bosnienpolitik der USA, hatte Jackovic doch die neue Gesprächsdiplomatie seiner Regierung intern heftig kritisiert. Nun wird er wahrscheinlich versetzt.

Auch die anderen vier Mitglieder der Bosnien-Kontaktgruppe – Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Rußland – schlossen sich inzwischen der neuen Haltung der USA an und gaben die Strategie der politischen Isolierung der bosnischen Serben auf. Gemeinsam mit US-Vertreter Charles Thomas reisten die Vertreter dieser vier Staaten in der Kontaktgruppe am Dienstagnachmittag zu Gesprächen mit Serbenführer Karadžić nach Pale. Ziel der Gespräche war es, Karadžić von seiner Forderung nach 64 Prozent des bosnischen Territoriums auf eine Größenordnung herunterzuhandeln, die näher bei dem einst als unveränderbar präsentierten Kontaktgruppenplan liegt, welcher eine Aufteilung Bosniens zwischen muslimisch/kroatischer Föderation und den Serben im Verhältnis von 51 zu 49 Prozent vorsieht. Die Gespräche wurden allerdings unverrichteter Dinge wieder abgebrochen. Der russische Vertreter in der Kontaktgruppe, Alexander Zotow, sagte gestern in Sarajevo, es gebe „noch keine klare Antwort“ der Serben, die „eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen auf Grundlage der Kontaktgruppenpläne ermöglicht“. Man werde sich aber weiter bemühen. Andreas Zumach