Pharmazeutische Elefantenhochzeit lohnt sich

■ Nach Übernahme-„Angebot“ von Glaxo klettert der Aktienkurs von Wellcome

London (taz) – Londons City, das Zentrum der britischen Wirtschaft, freut sich auf die Elefantenhochzeit des Jahrzehnts: Wenn das Pharmaunternehmen Glaxo den Konkurrenten Wellcome übernimmt, wären 140 Millionen Pfund Vermittlungs- und Beratungshonorare fällig – mehr als bei allen Übernahmen des Jahres 1994. Glaxo hat am Montag für die Übernahme 8,9 Milliarden Pfund geboten (siehe taz von gestern); die Wellcome-Aktionäre sollen pro Anteil 10,25 Pfund erhalten. Die Wellcome-Aktien stiegen nach diesem Angebot enorm: Nach 6,88 Pfund am Freitag kletterten sie auf 9,55 Pfund.

Wellcome hat im vergangenen Jahr einen Gewinn von 667 Millionen Pfund gemacht – vor allem durch das Anti-Virus-Mittel Zovirax und durch Präparate gegen Magengeschwüre. Berühmter ist das Unternehmen allerdings für sein Anti-Aids-Medikament AZT, das den Aktienwert je nach Lage der Berichte über die Wirksamkeit des Mittels nach oben oder unten getrieben hat.

Das neue Unternehmen – es soll „Glaxo Wellcome“ heißen – wäre der größte Pharmakonzern der Welt, mit einem Börsenwert von 28 Milliarden Pfund. Sein Marktanteil würde bei rund fünf Prozent liegen. Noch ist es aber nicht soweit. Der Wellcome-Vorstand muß noch zustimmen, hat sich aber noch nicht zu dem Angebot geäußert. Lediglich der Wellcome Trust, die größte britische Wohlfahrtsorganisation, hat eingewilligt, ihren Aktienanteil von 40 Prozent an Glaxo abzugeben.

Dem Wellcome-Vorstand soll die Zustimmung mit immensen Abfindungen versüßt werden. Der Vorsitzende John Robb würde 1,65 Millionen Pfund kassieren, die übrigen Mitglieder weitere sechs Millionen Pfund. Die Verlierer wären die Angestellten: Von den insgesamt 65.000 Jobs sollen 17.000 gestrichen werden, prophezeien Experten.

Einen Gewinner gibt es auf jeden Fall: Wenige Minuten vor der Bekanntgabe des Angebots am Montag spekulierte ein Unbekannter, der offenbar über Insider- Informationen verfügte, mit den Wellcome-Aktien und strich einen Gewinn von 420.000 Pfund ein. Die Börse hat eine Untersuchung eingeleitet. Ralf Sotscheck