Eklat in der Ethik-Kommission

■ Strittig: Zusammensetzung der ersten Ethik-Kommision für genetische Beratungsstelle

Seit 15 Jahren gibt es an der Bremer Uni das „Zentrum für Humangenetik und humangenetische Beratung“. Hier werden zum Beispiel Chromosomen aus dem Fruchtwasser von Schwangeren untersucht. (vgl. a. Seite 34) Jetzt endlich ist eine beratende Kommission gegründet worden – die erste in Deutschland auf Landesebene. Die Kommission soll die Arbeit der genetischen Beratungsstelle und Entwicklungen der Humangenetik ethisch bewerten. Gleich in der ersten Sitzung gerieten sich die Mitglieder in die Haare.

Die Zusammensetzung der Kommission sei einseitig, sagen einzelne Kommissions-Mitglieder. Die Medizin sei überproportional vertreten. Gemeint sind damit Prof. Christiane Frantzen (Chefärztin der Frauenklinik St.Joseph-Stift), Dr. Klaus Albrecht (Chefarzt der Hess-Kinderklinik), Prof. Hubert Walter (Fachbereich Biologie der Uni), Prof. Ursula Friedrich (Zytogentisches Laboratorium in Dänemark) und Prof. Karl-Heinz Grzeschik (Marburger Institut für Humangenetik).

Dazu kommt noch vom juristischen Fachbereich der Bremer Uni Prof. Helmut Heinrichs. Der aber habe sich, so die Kritik, im Vergleich zu anderen Bremer RechtswissenschaftlerInnen gar nicht im Bereich Humangenetik und Ethik profiliert. Heinrichs sei pensionierter Richter des Oberlandesgerichts. Und der Biologe Walter sei ein Populationsgenetiker der „ganz alten Schule“ der Humangenetik.

Die nicht-medizinische Seite besteht aus Pastor Lohse, Doris Galda von der LAG „Hilfe für Behinderte“, Dr. Eva Schindele von der unabhängigen Beratungsstelle für pränatale Diagnostik „Cara“, der Sprecherin der Gesundheitsdeputation, Barbara Noack (SPD), und Hermann Kuhn (Grüne) für die Wissenschaftsdeputation.

Macht sechs gegen fünf, urteilen die KritikerInnen. Diese Übermacht habe gleich in der ersten Sitzung einen Antrag der außerdem durch Krankheit dezimierten Gegenseite abgelehnt: Daß nämlich den ebenfalls anwesenden MitarbeiterInnen der genetischen Beratungsstelle an der Uni nicht ein permanentes Gastrecht ausgesprochen wird, sondern nur ein gelegentliches.

Auch Barbara Noack fände es richtig, ein/e SozialwissenschaftlerIn hinzuzuziehen. „Vielleicht sollte auch die psychotherapeutische Seite besser berücksichtigt werden.“ Wolfgang Beyer, Sprecher der Sozialbehörde, sieht für eine Änderung der Kommissionsbesetzung jedoch wenig Chancen. Zweieinhalb Jahre hätten die Behörden für Wissenschaft und Gesundheit und die Uni sich wegen der Besetzung „abgekapsert“. Ändere man an einer Stelle was, müsse man alles ändern. „So ein Vertrag ist ja ein Geben und Nehmen.“

Kritisiert wird jedoch nicht nur die Zusammensetzung der Kommission, sondern auch das Verhalten der humangenetischen Beratungsstelle. Die hätte einen so allgemein gehaltenen Jahresbericht vorgelegt, daß man den Eindruck habe: „Die wollen dichthalten.“. Dabei wollen die Humangenetik-KritikerInnen endlich Transparenz – zum Beispiel darüber, ob am „Zentrum für Humangenetik undhumangenetische Beratung“ Ratsuchende anschließend als Forschungsfundus dienten.

Doch der Leiter des „Zentrums für Humangenetik und genetische Beratung“, Prof. Werner Schloot, sieht eigentlich gar keinen „Handlungsbedarf“ für diese Kommission. „Es gab ja keine Fehler, mir ist nicht bekannt, daß wir was Böses getan hätten“. Christine Holch