Bisky spricht vom Schicksal, Wagenknecht beklagt Diktat

■ PDS-Parteitag mit unversöhnlichen Fronten

Berlin (taz) – Parteichef Lothar Bisky hat gestern auf dem PDS-Parteitag in Berlin erneut eine klare Absage der PDS an stalinistische Positionen formuliert. In seiner Eröffnungsrede erklärte Bisky: „Die PDS ist aus der SED hervorgegangen mit dem festen Willen, nicht zu ihr zurückzukehren.“ Er kritisierte auch die Aussagen der Sprecherin der Kommunistischen Plattform in der PDS, Sahra Wagenknecht, die in einem Interview erklärt hatte, ein kommender Sozialismus könne sich mehr Demokratie „leisten“. Sozialismus brauche nicht mehr oder weniger Demokratie, er sei vielmehr „ohne Demokratie unmöglich und unakzeptabel“.

Bisky forderte die rund 420 Delegierten des dreitägigen Parteitages auf, einen von ihm, dem Bundestagsgruppenchef Gregor Gysi und dem PDS-Ehrenvorsitzenden Hans Modrow eingebrachten Initiativantrag über den künftigen Weg der PDS zu verabschieden.

Seine Drohung, anderenfalls nicht mehr für die Wahl zum Bundesvorsitzenden zur Verfügung zu stehen, wiederholte er gestern nur indirekt. Mit der Verabschiedung der Thesen für eine Reform und einem inhaltlichen Konsens in der PDS entscheide der Parteitag über das „Schicksal der PDS und über mich“. Während Bisky sich einerseits entschieden gegen eine Verklärung der DDR-Geschichte wandte, beteuerte er andererseits: „Wir werden zeigen, daß es Alternativen zum verordneten Bild der DDR als Reich des Bösen und der PDS als des politischen Teufels gibt.“ Die künftigen Aufgaben der PDS skizzierte Bisky so: „Widerstand gegen die herrschende Politik und ihre Folgen, Teilhabe am Status quo – und sei es durch gute Oppositionspolitik – und die Veränderung der geistigen Hegemonie in Deutschland.“ Der Ehrenvorsitzende Hans Modrow hatte zuvor unter Beifall erklärt: „Die DDR war kein Unrechtsstaat, und ihre Gleichsetzung mit dem NS-Staat ist eine infame historische Lüge.“

In der an Biskys Rede anschließenden Generaldebatte erteilte die KPF-Sprecherin Wagenknecht all denen eine Absage, die auf ihren Verzicht bei der Wahl zum Parteivorstand gehofft hatten. Parteistar Gysi hat angekündigt, sich in diesem Fall nicht mehr zur Wahl zu stellen. Die 25jährige war wegen ihrer verharmlosenden Aussagen über den Stalinismus scharf angegriffen worden. Wagenknecht sieht sich einem „auf Denunziation ausgerichteten Klima“ ausgesetzt, als ein Opfer medialer und innerparteilicher „Schlammschlachten“. Sie kandidiere auch, „weil ich meine, daß man sich einem Diktat der veröffentlichten Meinung nicht beugen darf“. Die Wahl zum Parteivorstand findet morgen statt. Wolfgang Gast Seiten 2 und 11