Wir kennen doch das Spritzenproblem

■ Mißtrauische Nachbarn: NeustädterInnen wollen die neue Begleitstelle für Substitution „im Auge behalten“

„Die Neustadt ist nicht Oberneuland, wo Junkies vehement ausgegrenzt werden“, betont der Neustädter Ortsamtsleiter Hans-Peter Fischer. „Wir wollen aber kein Steintorviertel“, beschwört die Neustädter Bürgerin Dorit Asen-dorf. Die „Begleitstelle für Substitution“, eine Einrichtung des Vereins für akzeptierende Drogenarbeit, ist jetzt trotz aller Widerstände in die Neustädter Kornstraße gezogen. Die Sozialdeputation hat den neuen Standort bewilligt - gegen die Stimme des Beirates. „Wir haben uns im Einklang mit der Bevölkerung dagegen gewehrt, die große Ängste vor einer aufkeimenden Drogenszene hat“, sagt Ortsamtsleiter Fischer. „Die Substituierenden ziehen das ganze Milieu nach sich“, befürchtet Dorit Asendorf als Anwohnerin. „Ich kenne doch viele Leute, die gleichzeitig spritzen und substituieren.“

Dorit Asendorf ist eine ganz besondere Nachbarin. Sie ist auch Pastorin der Sankt-Jakobi-Gemeinde. Dort hat es im Herbst letzten Jahres auf Initiative des Neustädter Ortsamtes eine Bürgerversammlung gegeben. Der Verein für akzeptierende Drogenarbeit wollte die Substitutionsstelle dort selbst vorstellen, nachdem klar war, daß die AnwohnerInnen sie ablehnen. „Damals ist ein substituierender Betroffener aufgestanden und hat gefragt, ob er wie ein Monster aussehe“, berichtet Dagmar Hadwiger, die als Sozialpädagogin bei der Begleitstelle arbeitet. „Wir haben viele Leute auf unsere Seite gebracht.“ Die Leute riefen interessiert an, einige Mütter fragten, wie sie sich verhalten sollen, wenn ihre Kinder im Kindergarten nebenan eine Spritze fänden.

„Für Anwohnerarbeit bräuchten wir aber extra Geld“, sagt Dagmar Hadwiger. Die „Begleitstelle für Substitution“ kann als einzige öffentliche Anlaufstelle gerade mal 70 von etwa 900 Substituierenden in Bremen Hilfe bei sozialen und gesundheitlichen Problemen anbieten. Wohnung suchen, Sozialhilfe beantragen, Schulden regulieren gehört dazu, aber auch Freizeitangebote wie Paddeln, Billardspielen, gemeinsam essen. Als das frühere Domizil An der Weide letztes Jahr gekündigt wurde, suchte man ein Ersatzhaus in der Nähe des Viertels, aber mit Distanz zu demselben. Das Haus in der Kornstraße 180 liegt einigermaßen günstig und kann vor allem ganz genutzt werden, Substituierende können dort sogar Strafen abarbeiten.

Der Argwohn der NeustädterInnen aber bleibt. Der Beirat hat bis zum Schluß daran festgehalten, daß die Wohngegend um die Kornstraße bereits mit dem Isenbergheim für AlkoholikerInnen und dem Wohnheim für Drogenabhängige im angrenzenden Huckelriede bereits genügend belastet sei. sip

Öffnungszeiten: Di/Do 10-12 Uhr, Mi 15-17 Uhr, Tel. 55 85 50