Spielgeld für die freie Szene

■ Das Wettrennen um die Wettmittel: Das Junge Theater darf mit 50.000 Mark Projektförderung rechnen, die „Roots Night“ mit gar nichts mehr

Zwei Jahre lang haben sie gerackert, gekratzt und gequengelt, haben Sponsoren und Zuschauer rangeholt. Jetzt wird das Engagement des Jungen Theaters auch staatlicherseits ein bißchen belohnt: Bis zu 50.000 Mark kann das jüngste Unternehmen der freien Theaterszene Bremens in diesem Jahr für neue Projekte einfordern – so beschloß es die Kulturdeputation auf ihrer letzten Sitzung. Das bedeutet allerdings noch keine feste Haushaltsstelle. Die Summe soll aus dem 2,3 Millionen Mark schweren Wettmittel-Topf des Kulturressorts kommen, und über den wird jedes Jahr neu verhandelt. So wird es für einige andere Kulturgruppen und Institutionen keine Wettmittel mehr geben: Die „Roots Night“ im Schlachthof wird von den Politikern als erledigt betrachtet, und das Freiraum-Theater, das im vergangenen Jahr seinen Gastspielbetrieb einstellte, legte erst gar keinen Antrag mehr vor.

Die neuerliche Unterstützung für das Junge Theater soll dabei auch als kleines politisches Zeichen an die Freien verstanden werden. Das neue Ensemble, sagt der Deputierte Wolfram Sailer (Grüne), habe „die Theaterszene neu belebt und gezeigt, daß es einfach eine gute Arbeit machen kann“ – auch ohne Festgeld der Behörde. Für das Theater bedeutet das erstmals etwas größere Sicherheit bei ihren Planungen. Von den 50.000 Mark soll u.a. eine Reihe „AIDS und Theater“ (voraussichtlich im Herbst) angeschoben werden, außerdem soll das Geld in die schon laufende Reihe „Bremer Szene“ fließen und damit auch anderen Ensembles zugute kommen.

Fest gerechnet hat auch das Kulturzentrum Schlachthof mit ein bißchen Spielgeld aus dem Lottotopf. Einen Zuschuß von 5000 Mark durfte sich Jürgen Schmitz, Organisator der „Roots Night“, bisher aufs Jahr verteilen, um das multikulturelle Konzertprogramm im Schlachthof zu veranstalten – „nur ein kleiner Grundstein, aber für uns unheimlich wichtig“, sagt Schmitz. Doch der „Roots Night“-Erfinder will die Reihe (die taz berichtete) „aus internen Gründen“ nicht mehr weiterführen. Und über die Form und den Titel eines Nachfolgeprogramms wird im Schlachthof derzeit noch heftig diskutiert. Schlechtes Timing, räumt Schmitz ein: Obwohl er beteuert „es wird sicher weitergehen hier“, ist für die Politiker die Notwendigkeit einer weiteren Förderung zur Zeit nicht einsichtig. „Wenn die kein Konzept haben, das uns zeigt, wie es weiterläuft“, sagt Sailer, könne man auch die Projektförderung nicht einfach fortschreiben.

Schmidt hat inzwischen einen Protestbrief an die Kulturbehörde geschickt, in dem er Gründe nachreicht. Zum einen sei mindestens eine weitere Veranstaltung, am 9.2. mit der britischen Folksängerin June Tabor, schon fest geplant. Zum andern benötige man einen Zuschuß für eine Dokumentation der bisherigen „Roots Nights“. Die Entscheidung, den Geldhahn erstmal ganz abzudrehen, „erschwert die offene Debatte, die wir zur Zeit im Schlachthof führen“. Und wenn der Posten erstmal gestrichen sei, „muß man in Bremen unheimliche Bocksprünge machen, um da wieder reinzukommen“.

Das bestreiten die Deputierten nicht. Eigentlich seien die Wettmittel zwar dafür gedacht, um neben dem festen Kulturhaushalt auch im Laufe des Jahres kurzfristige und aktuelle Projekte zu unterstützen. Aber tatsächlich sind lediglich 41.000 von den 2,3 Millionen Mark Wettmitteln noch nicht verplant – wenig Spielraum für politische Schwerpunktsetzungen. So kann auch Sailer nur „hoffen, daß vielleicht was übrigbleibt“ nach Abschluß der Beratungen. Im vergangenen Jahr aber war das nicht der Fall. Der Wunsch, daß „die Lottomittel im Grunde über das ganze Jahr zur Verfügung stehen müßten“ (Thomas Becker, FDP), um dann die dann evtl. neuerwachte „Roots Night“ zu befördern – der wird sich nach Einschätzung aller Beteiligten in diesem Jahr nicht erfüllen. Schon am Donnerstag nächster Woche berät die Deputation abschließend über die noch verbliebenen offenen Posten. tw