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Jobsuche artet immer mehr zu einer Tombola aus

■ Bei Tusma warten täglich mehrere hundert Studenten auf einen Job / Arbeitsangebote mit dem Zusatz „nur für Deutsche“ gibt es nicht

Der Wecker klingelt um sechs. Mischa muß raus, zur Tusma, wo um 7.15 Uhr die Nummern für die Studentenjobs verlost werden. Wer zu spät kommt, kann gleich wieder nach Hause gehen. Keine Nummer, kein Job.

Um sieben kommt Mischa in der Clara-Zetkin-Straße an. Vor dem Tusma-Büro steht bereits ein dichter Pulk von Studenten. Um viertel acht geht eine Tür auf, und die Wartenden dürfen kleine zusammengefaltete Nummernzettel aus einer Kiste ziehen. Die Jobsuche hat viel von einer Tombola. Zieht man eine schlechte Nummer, war das frühe Aufstehen umsonst und man schaut am besten abends noch mal vorbei. Zieht man eine mittlere Nummer, verbringt man möglicherweise den ganzen Tag bei der Tusma und wartet auf die alle zwei Stunden stattfindenden Jobausrufungen. Würde Warten bezahlt, bräuchte Mischa kaum noch zu arbeiten.

Jobben gehört heutzutage für die meisten Studenten zum Uni- Alltag, ähnlich wie Klausuren. Die Angebote können StudentInnen in Berlin vor allem bei der Tusma kriegen. Der 1949 von Studenten des Sozialreferates gegründete Verein mit Filialen in der Hardenberg-, der Wilhelm- und der Clara- Zetkin-Straße ist der größte Jobvermittler Berlins. Der Markt für Studentenjobvermittlungen ist klar aufgeteilt. Für die Studenten der FU sind die „Heinzelmännchen“ vom Studentenwerk zuständig. Tusma versorgt die Studenten der TU, der HdK und seit 1990 auch der Humboldt-Universität.

Auf den Vermittlungslisten des Vereins stehen 25.000 Studenten, rund eine viertel Million Arbeitsplätze wurde letztes Jahr vermittelt. Vor allem die Post, verschiedene Hotels, Gebäudereinigungsfirmen und die boomende Baubranche sind Großauftraggeber, die regelmäßig Studenten beschäftigen. Neben diesen normalen Angeboten werden aber auch eher exotische Jobs, wie Trauzeuge, Clown, Weihnachtsmann oder Theaterbegleiter vermittelt. Jobs „nur für Deutsche“ gibt es bei der Tusma nicht. In der Vergangenheit versuchten Arbeitgeber immer wieder, ausländische Studenten durch Angebotsformulierungen, wie „helle Hautfarbe“ oder „Muttersprache: Deutsch“ von der Vermittlung auszuschließen. Mittlerweile läuft das nicht mehr. Abed Dahbub, Vorstandsmitglied und selbst Student: „Grundsätzlich sind wir verpflichtet, jedes Angebot entgegenzunehmen. Wenn aber jemand zum Beispiel einen Maler sucht, der die deutsche Sprache perfekt in Wort und Schrift beherrscht, schreiben wir das so nicht aus. Ein Maler muß schließlich nicht mit der Farbe reden.“

Für Mischa ist die ganze Jobsuche mittlerweile Routine. Das Bafög hat nie gereicht, und seine Eltern können auch nicht einspringen. Seit 1991 studiert er Sozialwissenschaft an der Humboldt-Uni. Wäre er Informatiker, Bauzeichner oder Architekt, hätte er gute Chancen auf Angebote von 25 bis 30 Mark die Stunde. So bleiben ihm nur die 15-Mark-Jobs. Als Putzkraft hat er schon gearbeitet und als Abrißhelfer. Beim Messe- Aufbau hat er malocht und als Zwerg bei Wertheim Luftballons verteilt. Am besten war es aber noch beim Gartenbau: „Da habe ich im Juni gejobbt und bin schön braun geworden.“ Die Arbeit an der Drehmaschine war dagegen „das Letzte“. „Den ganzen Tag stehen, bei Lärm und Hitze. Da gehste abends echt am Krückstock.“

Um 12 Uhr versucht es Mischa noch mal bei der Tusma. Acht Jobs werden mit lauter Stimme ausgerufen, fünfzig Leute drängeln sich im Raum. Also wieder nichts. Mischa beschließt, weiter zu warten. Die anderen auch. Matthias Bernt

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