Funke hat dazwischengefunkt

Während Dagobert bereits ausführlich aus dem Werkzeugkästchen plauderte, hüllt sich die Polizei über ihre Taktik lieber in Schweigen  ■ Von Barbara Bollwahn

Während der mutmaßliche Kaufhauserpresser Arno Funke in den ersten Verhandlungstagen detailliert aus dem Werkzeugkästchen plauderte, hüllte sich am gestrigen fünften Prozeßtag der als Zeuge vernommene Beamte über die Polizeitaktik in taktisches Schweigen.

Nicht minder interessant waren dafür seine Angaben zu dem von Funke geforderten Lösegeld. Der Hauptsachbearbeiter der Sonderkommission von der Hamburger Polizei sagte vor der 33. Strafkammer des Landgerichts, daß das geforderte Geld, zum Schluß 1,4 Millionen Mark, bei allen Übergabeversuchen mitgeführt worden sei. Ob dann gezahlt werden sollte, sei „kurzfristig“ entschieden worden. Daß in den Polizeiprotokollen das Wort Geldpaket stets in Anführungszeichen gesetzt wurde, sei keineswegs ein Indiz dafür, daß sich darin Blüten befunden haben.

Manfred H. beschrieb lieber die widrigen Umstände, unter denen die Polizei hinter Dagobert her war: Bei der ersten gescheiterten Übergabe im Sommer 1992 seien mehrere Fahrzeuge zu Bruch gegangen. Es sei „unheimlich schwer“ gewesen in dem dunklen Wald. Der von Funke ausgetüftelte ferngesteuerte Mechanismus mit Magneten und Kunstledertasche, der von einem fahrenden Zug abgeworfen werden sollte, sei eine „völlig neue Art der Übergabe“ gewesen. Manfred H. wollte sich jedoch nicht dazu äußern, ob die Polizei dafür gesorgt habe, daß der Mechanismus versagte. Zahlen wollte man auf keinen Fall. Hätten sich die Polizisten jedoch an den Plan gehalten, hätte die Übergabe zu „99,9 Prozent“ geklappt. Bei dem zweiten Versuch habe die Polizei mit einem „wahnsinnigen Verkehr“ zu kämpfen gehabt.

Bevor Funke, der sich wegen Herbeiführung von sechs Sprengstoffexplosionen, versuchter und vollendeter räuberischer Erpressung in zehn Fällen sowie versuchter Brandstiftung verantworten muß, einen neuen Termin festsetzte, schickte er mehrere Schreiben an Karstadt, in denen er mitteilte, daß auch ihm die Erpressung keinen Spaß mache. Er werde die Sache aber bis zum Ende durchziehen. Für den Fall eines Fehlschlags kündigte er eine Bombe mit Langzeitzünder an. Weiterhin drohte er damit, daß er bewaffnet sei und sich einer eventuellen Verhaftung durch Selbsttötung entziehen werde. Sollte er aber in den Besitz des geforderten Geldes kommen, werde er Karstadt selbstverständlich rechtzeitig das Versteck der Bombe verraten. Falls die Polizei wieder Hubschrauber einsetzen sollte, ließ er wissen: „Sagen Sie Ihrem Helikopterpiloten, wenn er zu tief fliegt, wird er abgeschossen.“

Als dann bei der zweiten Übergabe der Abwurf aus dem fahrenden Zug gelang, fand Funke jedoch nur vier Tausendmarkscheine. Den abgeworfenen Peilsender setzte er kurzerhand außer Betrieb, indem er ihn mit Alufolie umwickelte und vergrub. „Ich weiß seit meiner Kindheit mit einem Peilsender umzugehen“, teilte er in einem Schreiben an Karstadt mit. So mußte der Polizeibeamte gestern zugeben, daß die Fahndungsmaßnahmen scheiterten, weil Arno Funke „rechtzeitig gegengesteuert hat“. Auch habe die Polizei erkannt, daß sie es bei dem mutmaßlichen Erpresser mit jemanden zu tun habe, der viel mit Präzision arbeitet und seine Geräte „mit viel Liebe“ herstellt. Der Prozeß wird am Freitag fortgesetzt.