Momper – der beste Kandidat der CDU

■ Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, über die Chancen von Ingrid Stahmer und Walter Momper, gegen Diepgen die Wahl zu gewinnen

taz: Wie hat sich die Zustimmung zu den SPD-Kandidaten Ingrid Stahmer und Walter Momper entwickelt?

Manfred Güllner: Es hat sich bestätigt, was wir auch schon in früheren Untersuchungen festgestellt haben. Nachdem Walter Momper über lange Jahre fast ein Hoffnungsträger der Bundes-SPD war, wird er von den Berlinern insgesamt immer kritischer beurteilt.

Das gilt besonders für die Westberliner, die ihn nicht mehr so gut finden, wie sie das bis 1989/90 getan haben. Momper erhält relativ hohe Sympathiewerte im Osten. Dort ist noch der Mythos vom roten Schal vorhanden. Inwieweit dieser Mythos stabil sein könnte bis zur Wahl im Oktober, das können wir natürlich heute noch nicht sagen. Aber in Westberlin ist es ziemlich eindeutig, daß Momper eher negativ von den Bürgern eingeschätzt wird. Das zeigt sich beispielsweise darin, daß sehr viele Arbeiter lieber Diepgen und nicht Momper zum Regierenden Bürgermeister wählen würden, wenn diese Alternative zur Wahl stünde.

Sie sehen daran, daß Momper, anders als Ingrid Stahmer, CDU- Anhänger sozusagen mobilisiert. Wenn Momper kandidiert, können wir damit rechnen, daß alle CDU-Anhänger, auch diejenigen, die vielleicht mit der Politik des Senats oder mit Diepgen nicht ganz zufrieden sind, wählen gehen, weil sie Momper verhindern möchten.

Die CDU kann sich also nichts Besseres wünschen, als daß Walter Momper von der SPD gekürt wird?

Wenn man das so überspitzt ausdrückt, kann ich das nicht dementieren. Aus CDU-taktischer Sicht ist das sicherlich eine richtige Schlußfolgerung. Frau Stahmer hingegen hat Sympathien in Wähler-Kreisen in Westberlin, die Momper nicht mehr erreicht – die Stammwähler der SPD, die Arbeiterschaft. Deswegen kann es bei diesen Wählern durchaus zu Überlegungen kommen, bei der Wahl Stahmer Diepgen vorzuziehen.

Welche Chancen hätte Ingrid Stahmer, wenn ihr Gegner Eberhard Diepgen hieße?

Wir haben festgestellt, daß bei einem Duell Diepgen gegen Momper dann Diepgen vor Momper liegen würde. Umgekehrt liegt in der aktuellen Sympathie Stahmer vor Diepgen. Das kann sich natürlich bis zum Wahltag am 22. Oktober alles noch ändern. Aber die aktuelle Stimmung ist so, daß Stahmer mehr Wähler an sich binden könnte als Momper.

Wie feststehend ist das Urteil der Wähler über Walter Momper?

Es ist relativ festgefügt. Das sehen wir auch bei anderen Personen. Das Urteil über Oskar Lafontaine wurde 1990 gefällt, als er Kanzlerkandidat war. Seitdem wurde dieses Urteil nicht revidiert. Auch Scharping kommt in seiner neuen Rolle als Oppositionsführer bei den Leuten nicht besser an als in der Rolle des Kanzlerkandidaten. Bei Walter Momper ist das Urteil 1990/91 gefällt worden. Das hat sich seitdem nicht mehr geändert.

Hat der SPD denn der dreimonatige Vorwahlkampf zusätzliche Sympathien gebracht?

Der SPD bringt das genauso wenig wie damals die Kandidatenkür zwischen Schröder, Wieczorek- Zeul und Scharping. Interview: Gerd Nowakowski