: „Ganz klar Diebstahl“
■ LSG-Sprecherin zum Rauswurf von Frei
taz: Frau Breitsprecher, Sie sind LSG-Sprecherin. Ihre Firma entläßt einen Mitarbeiter, weil er der Heilsarmee überflüssige Bordverpflegung geschenkt hat?
Ina Breitsprecher: Herr Frei hat am 14.12. 1994 vorsätzlich und ohne Genehmigung einen Wagen der LSG entwendet. Er hat das Auto unerlaubt privat genutzt. Er hat es also gestohlen. Damit nicht genug: Er hat vier Kartons mit firmeneigenen Lebensmitteln gestohlen, sie ins Auto gepackt und ist damit nach Nymegen zur Heilsarmee gefahren. Die Ware hatten einen Wert von 450 Mark.
Aber die sollten doch weggeworfen werden.
Wir sind verpflichtet, unsere Lebensmittel zu vernichten, sobald das Haltbarkeitsdatum überschritten ist, da der Verzehr dieser Ware zu gesundheitlicher Beeinträchtigung führen kann. Bei der gestohlenen Ware war das Verfallsdatum teilweise überschritten. Also hat Herr Frei vorsätzlich die Gesundheit der Menschen, die diese Spende erhalten haben, gefährdet. Wir finden, daß dies ein unverantwortlicher Umgang mit der Gesundheit von Menschen ist.
Unterstellen wir Herrn Frei, daß er niemanden vergiften, sondern etwas Gutes tun wollte.
Das müssen wir ihm absprechen. Er ist seit 15 Jahren im Haus. Er weiß, daß er fragen muß. Aber er hat – das ist das Schlimmste – vorsätzlich gehandelt. Als er das Auto stahl, waren die Verantwortlichen alle in einer Sitzung. Das wußte er genau. Auch hat er seine Tat nicht von selbst gestanden.
Wie haben Sie die greuliche Schandtat denn entdeckt?
Nur durch Zufall, weil er morgens mit dem Auto gesehen wurde. Daraufhin wurde er zur Rede gestellt und verstrickte sich in Widersprüche. Sofort wurden Recherchen im Haus eingeleitet, um den Vorgang zu klären.
Herr Frei ist Betriebsrat, und die Betriebsräte sind bei Unternehmern nicht sehr beliebt.
Herr Frei ist seit 15 Jahren ein sehr guter leitender Mitarbeiter. Er wurde sogar noch befördert, als er längst Betriebsrat war. Seine Betriebsratskollegen haben der Kündigung zugestimmt, weil er absolut rechtswidrig gehandelt hat.
Er hat sich nicht bereichert.
Das spielt keine Rolle, ob ich mich selber bereichere oder ob ich andere Leute bereichere.
Wie bitte?
Für mich ist der Fakt ganz klar: Diebstahl.
Der Richter findet das zu kleinkariert.
Tja. Wir halten an der Kündigung fest. Interview: Michaela Schießl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen