Baulöwe Momper brüllt noch immer

■ Seine Darstellung, er arbeite nur noch mit seiner Beratungsfirma in der Baubranche, ist falsch / Der Baufirma Christiani & Nielsen stellt Momper als Vize-Aufsichtsratsvorsitzender sein Insiderwissen zur Verfügung

Walter Momper spielt mit falschen Karten. Entgegen seinen Darstellungen mischt der Bewerber für das Amt des SPD-Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Herbst noch immer im Baugeschäft mit. Als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Baufirma Christiani & Nielsen greife Momper als Entscheidungsträger in die Geschäftspolitik der Aktiengesellschaft ein, bestätigte gestern der Geschäftsentwickler der Firma. Dabei komme ihm sein fundiertes Detailwissen zugute, das er sich durch seine vorherigen Tätigkeiten in der Baubranche erworben habe. Momper sitzt seit seinem Ausscheiden bei der Immobilienfirma Ellinghaus im Jahre 1993 im Aufsichtsrat von Christiani & Nielsen.

Noch gestern hatte die Leiterin des Büros von Walter Momper, Doris Petersen, gegenüber der taz versichert, mit Ausnahme seiner eigenen Beratungsfirma habe Momper nichts mehr mit der Baubranche zu tun. Daß die Tätigkeit des Kandidaten mit dem roten Schal bei Christiani & Nielsen seit seiner Kandidatur ruhe, davon kann allerdings keine Rede sein. Im Gegenteil: Wie der Geschäftsentwickler der 1993 von Hamburg nach Berlin übersiedelten Firma, Reiner Bloch, gestern gegenüber der taz bestätigte, sei Momper nach wie vor als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender aktiv. Momper sei ein Aufsichtsratsmitglied, so Bloch wörtlich, „wie man es sich nur wünschen kann“. Er nehme nicht nur seine Kontrollfunktion wahr, „sondern gibt der Geschäftsführung immer wieder Hinweise, wie man ein Geschäft anfängt oder kritisiert, und sagt, das würde er anders machen“.

Die Firma Christiani & Nielsen, in Hamburg unter anderem verantwortlich für den Bau des Elbtunnels und auch an Großprojekten wie der deutschen Antarktisforschung beteiligt, eröffnete zeitgleich mit dem Umzug nach Berlin eine reine Immobilienfirma, die Christiani & Nielsen Bauunternehmen Aktiengesellschaft mit einer Kapitaldecke von 20 Millionen Mark. Die Christiani & Nielsen AG gehöre damit, meinte Bloch gestern, zu den honorigen Firmen, über der im Gegensatz zu anderen Baufirmen nicht der Pleitegeier schwebe. Zur Zeit entwickelt die Firma vor allem Neubauprojekte im Wohn- und Geschäftshausbau, darunter in Ahrensdorf mit 317 Wohnungen und in Königs Wusterhausen mit 1.900 Wohnungen sowie einem 60 Hektar großen Gewerbegebiet.

Entgegen der Wahlkampfdevise Walter Mompers, Berlin müsse weiter Mieterstadt bleiben, werden die Neubauwohnungen der von ihm beratenen Firma zumeist als Eigentumswohnungen verkauft. Nur bei einem Projekt in Spandau ist man in den zweiten Förderweg für Mietwohnungsbau eingestiegen.

Seine Funktion als Mitglied des Aufsichtsrats von Christiani & Nielsen teilt sich Momper seit 1993 unter anderem mit Wolfgang Baron von Derschau, der Ende 1993 im Rahmen der Privatisierung des Ostberliner Wohnungsbestandes den Zuschlag für die beiden Doppelhochhäuser in der Leipziger Straße in Mitte bekam. Schon damals waren Momper und Derschau ein Gespann. Die Tageszeitung Die Welt schrieb dazu: „Als Spezialist für die Entwicklung staatlich geförderten Wohnungsbaus konnte Baron von Derschau Ex-Bürgermeister Walter Momper gewinnen.“

Vom damaligen Versprechen an die besorgten Mieter, für die Modernisierung der Plattenbauten vorwiegend öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen, will Momper-Freund Derschau heute nichts mehr wissen. In einer Modernisierungsankündigung vom 28. 12. 1994 wird den Mietern eine Privatmodernisierung angekündigt, bei der die Miete von derzeit 9,49 auf 13,06 Mark pro Quadratmeter steigen soll. Ein Vorgehen, das viele Mieter freilich nicht hinnehmen wollen. In einem Protestschreiben fordern sie, „die uns mietvertraglich zugesicherte Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel zu klären“.

Derschau hatte damals der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) als Kaufpreis 1.000 Mark pro Quadratmeter angeboten. Das Höchstgebot der insgesamt 43 Interessenten für die Hochhäuser lag nach Angaben von WBM-Geschäftsführer Falk Jesch jedoch bei 1.200 Mark pro Quadratmeter. Ausschlaggebend für den Zuschlag an Derschau seien aber, so Jesch, seine mieterfreundlichen Versprechen, darunter die Annahme öffentlicher Fördermittel, gewesen. Eine Prüfung beim Deutschen Mieterbund, hieß es damals, hätte ergeben, daß Derschau, der in der Altbundesrepublik und Westberlin über 4.500 Wohnungen besitzt, bislang nicht negativ aufgefallen sei. Für viele Mieter der Leipziger Straße stand jedoch schon damals fest: Derschau-Partner Momper hat beim Verkauf den Ausschlag gegeben. Uwe Rada