„Einblick“-Verfasser zu Haftstrafen verurteilt

■ Rechtsradikale Hetzschrift veröffentlichte Liste mit Namen politischer Gegner

Groß-Gerau (dpa/taz) – Die zwei Hauptverantwortlichen der Neonazi-Broschüre „Der Einblick“ sind am Dienstag zu zwei Jahren bzw. zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Das Jugendgericht Groß-Gerau befand den 26jährigen Norman K. aus Rüsselsheim und den 23jährigen Stefan C. aus Wiesbaden für schuldig, mit ihrer schwarzen Liste politischer Gegner öffentlich zu Gewalt aufgerufen zu haben. Wegen seines Geständnisses erhielt der Jüngere die niedrigere Strafe, die überdies zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Der 64jährige Drucker der Broschüren wurde zu einer Geldstrafe von 3.600 Mark verurteilt. Einer 18jährigen Frau, die beim Verpacken des „Einblick“ geholfen hatte, erteilte das Gericht eine Verwarnung und erlegte ihr 100 Stunden gemeinnützige Arbeit auf. Staatsanwalt Ralf Köbler hatte für die Hauptverantwortlichen Freiheitsstrafen von zweieinhalb Jahren gefordert. Die vor einem Jahr im „Einblick“ erschienene schwarze Liste politischer Gegner sei ein unverhohlener Aufruf zur Gewalt gewesen.

Die Anwälte der Verurteilten, darunter der Hausanwalt von Ex- Neonaziführer Michael Kühnen, Horst Loebe, und der Verteidiger von NPD-Chef Horst Deckert, Ludwig Bock, hatten vor der Urteilsverkündung moniert, das Gericht habe es zugelassen, daß die Vertreterin der Nebenklage das Verfahren habe dominieren können. Eine Kritik, der sich auch Staatsanwalt Ralf Köbler anschloß, der in seinem Schlußplädoyer explizit darauf hinwies, daß die von der Nebenklagevertreterin Waltraut Verleih vermutete „große rechtsextreme Verschwörung nicht beweisbar“ gewesen sei. Die Nebenklagevertreterin ist allerdings nach wie vor davon überzeugt, daß gegen weitere Personen aus der rechtsradikalen Szene nicht hinreichend ermittelt worden sei. Weiter hätten die Ermittlungsbehörden Hinweise auf Computersysteme der Szene (Thule-Network) und rechtsradikale Mailboxen (Germania) schlicht ignoriert. Und dem seit 20 Jahren in der rechtsradikalen Szene bekannten Drucker seien 160 vom Bundeskriminalamt beschlagnahmte Disketten, „ohne Sichtung wieder zurückgegeben worden. Klaus-Peter Klingelschmitt