■ Rotgrau intern
: Fingerschnippen

Diese Prognose dürfte nicht gewagt sein: Hamburgs rotgraue Koalition wird die Sprengung des Millerntor-Hochhauses überleben. Zu sehr sind Statt Partei und SPD mindestens bis zum Wahljahr 1997 aneinander gekettet, als daß einer der beiden Partner so mirnixdirnix die Brocken hinschmeißen könnte. Oppositionsbänke mag die SPD schließlich so gar nicht leiden. Und die Statt Partei, die am Mittwoch so unvermutet – möglicherweise auch ungerechtfertigt – lospolterte? Sie würde sich bei einer Neuwahl im statistischen Nichts auflösen.

Was bleibt den grauen Polit-Laien angesichts dieser Perspektive anderes übrig, als sich – gelegentliche Gefühlsausbrüche inklusive – in ihre Hilflosigkeit zu fügen. Arschbacken zusammenkneifen und durch, auch wenn's noch so weh tut, wenn man quasi tagtäglich die eigene Machtlosigkeit zu spüren bekommt.

Achim Reichert hat diese Ohnmacht am Mittwochabend in der Millerntordebatte selten klar artikuliert. Mit Blick auf Senator Thomas Mirow beklagte der Statt-Fraktionschef, daß der SPD-Strippenzieher „doch nur mit dem Finger zu schnippen“ brauche, um die Verwaltungs-Puppen tanzen zu lassen. „Sie, mit ihrem Machtpotential“. Daß die Statt-Koalitionäre im Vergleich zu Mirow bedauernswerte Bürgerschafts-Würstchen sind und sich auch so fühlen, hat der aufrechte Reichert zwar nicht gesagt, aber verstanden hat man ihn dennoch.

Die nächste Demütigung folgte dem kurzen Aufbegehren auf dem Fuße. Kaum hatte Reichert das Parlamentspodium verlassen, bestellte ihn SPD-Fraktionschef Günter Elste zum Rapport. Zusammengefaltet mußte sich der Stattianer aus dem Kooperationsvertrag vorlesen lassen. Und zugeben, daß das mit der SPD nicht abgesprochene Vorpreschen in Sachen Millerntor ein eindeutiger Vertragsbruch war.

Es gehört nicht allzu viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, wie Polit-Papa Elste den ungezogenen Zögling erst zusammenstauchte, dann eine Weile zappeln ließ, um ihn schließlich mit väterlicher Geste wieder aufzurichten: Na, komm schon, bin ja gar nicht mehr böse. Zauberlehrlings-Schicksal.

Uli Exner