■ Das Portrait: Tanja Szewczenko
Kumpanin der Kuh Foto: Reuter
Irgendwann in einigen Monaten, wenn es draußen so richtig heiß sein wird, dann wird eine fesch und wenig bekleidete junge Frau auf Schlittschuhen neben eine gänzlich unbekleidete lila Kuh schlittern und solcherart das schmachtende Land weise auffordern, eine bestimmte Schokolade in den Kühlschrank zu tun. Moment mal: Heiß? Kalt? Wenig bekleidet? Zarte Versuchung, Tanja Szewczenko! Unschuldige siebzehnjährige Tanja! Jugend verheißt Unschuld, Unschuld potenziert den Werbewert. Denn: Sie verkauft.
Sich? Alles! Unschuld wird prima bezahlt, besonders prima, das weiß keiner besser als Werner Köster. Dessen Agentur „MasterMedia“ hat der Kundschaft neuerdings nicht mehr nur den „pädophilen Wunderartikel“ (taz) van Almsick anzudienen, sondern eben auch jene gleichaltrige, eislaufende Düsseldorfer Vorjahres- WM-Dritte, deren Namen neuerdings stolze 40 Prozent der Spiegel-Kunden kennen und den, wie die Süddeutsche argwöhnt, gar die Hälfte der Bevölkerung unfallfrei aussprechen kann (Scheff- scheng-ko).
Allerdings, das weiß auch der erfahrene Ex-Bild-Sportchef Köster, bestimmt neben kalkulierbaren Faktoren leider auch zu gewissem Grad sportlicher „Erfolg“ den Tauschwert seiner 25prozentigen Provision. Immerhin geht es darum, einen, wenn auch nur vage wahren, so doch sehr romantischen Gegenentwurf zur Realexistenz abzubilden, der den schönen Dreisatz „jung = gut = Sieg“ bestätigt.
Nur eine Gefahr droht der Idylle: das garstige Wort Mißbrauch! Den betreiben heftig zwar diverse Medien, die sich an der kindlichen Frau vergehen, wie die Bunte das bewährt wagneresk („Was trägst du unter dem Kostüm?“) bereits zur Befriedigung der Kundschaft erledigt hat. Andererseits wird in diesem Joint-venture gerne und schleunigst mitverklärt und also etwa auch kolportiert, wie Szewczenko „im zarten Alter von zwei Jahren aus ihrer Mutter eine Eislauf- Mutti“ (Sports) machte. Tatsächlich hat zweitere mehrere hunderttausend Mark investiert, nachdem erstere bereits mit drei den bedeutungsschwangeren Satz geäußert hatte: „Ich werde berühmt.“ Tatsächlich muß zweitere neuerdings nicht mehr Taxis lenken, sondern darf sich hinten reinsetzen. Und erstere muß bei der heute mit der Kurzkür beginnenden Europameisterschaft in Dortmund eigentlich nur noch gewinnen. Peter Unfried
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen