Birmas Generäle machen ein gutes Geschäft

■ 18,6 Milliarden Mark für Erdgas nach Thailand / Menschenrechtsverletzungen

Berlin (taz) – Birma wird 30 Jahre lang Erdgas nach Thailand liefern und dafür jedes Jahr umgerechnet 600 Millionen Mark erhalten. Der thailändische Premierminister Chuan Leekpai unterzeichnete gestern in Bangkok ein entsprechendes Abkommen im Gesamtwert von etwa 18,6 Milliarden Mark. Auch der Bau einer vierhundert Kilometer langen Pipeline wurde vereinbart. Damit hat das birmesische Militärregime, das seit seiner blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1988 von vielen Staaten boykottiert wird, einen bedeutenden Erfolg errungen: Die Einkünfte aus dem Erdgasexport wird es den Generälen erlauben, weiterhin Waffen zum Unterhalt ihrer Armee und zur Fortführung des Krieges gegen aufständische Minderheiten zu kaufen. Erst kürzlich hatten Regierungstruppen eine Großoffensive gegen die Karen-Rebellen begonnen (s. taz vom 1.2.95). Die geplante Pipeline soll durch das von Karen und Mon beanspruchte Gebiet geführt werden. Beobachter sehen daher weitere heftige Kämpfe in dieser Region voraus und fürchten, daß die Pipeline mit Zwangsarbeit gebaut wird.

Bangkok hat einen wirtschaftlichen und politischen Boykott Birmas in den vergangenen Jahren stets abgelehnt. „Konstruktives Engagement“ werde sich wirkungsvoller erweisen als eine Isolierung des Regimes, argumentierten die thailändischen Politiker – übrigens im Einklang mit ihren asiatischen Nachbarn. Leise Ermahnung erreiche mehr als lautstarke Kritik und Druck. Im übrigen müsse man auch an die eigenen Interessen denken. Doch die Generäle in Rangoon haben sich weder von stiller Diplomatie oder deutlichen Verurteilungen beeindrucken lassen: Es finden immer noch Massenhinrichtungen statt, politische Häftlinge werden weiterhin schwer gefoltert, Muslime und Dorfgemeinschaften anderer ethnischer Minderheiten willkürlich vertrieben, Männer, Frauen und Kinder zur Sklavenarbeit beim Straßen- und Eisenbahnbau eingesetzt und Knaben zwangsweise zur Armee rekrutiert. Daß der von der UNO nach Birma entsandte Sonderrapporteur Yozo Yokota seinen Bericht an die Menschenrechtskommission gestern in Genf am gleichen Tag vorlegte, da Thailands Premier Chuan das Erdgasgeschäft mit Rangoon als „Meilenstein in der Geschichte beider Staaten“ lobte, war nur ein bitterer Zufall. Jutta Lietsch