Blauhelme statt Filzhüte

■ Beim „Europäischen Naturschutzjahr“ machen alle Bremer NaturschützerInnen mit: Von Robin Wood bis zur Landesjägerschaft

„Es gibt Zufälle“, sagte Umweltsenator Ralf Fücks, „die sehen aus wie gekonnte Regie. Das hier ist aber wirklicher Zufall.“ Denn während ganz Bremen sich über den Überraschungscoup der Umweltbehörde bei der Ausweisung eines Vogelschutzgebietes in der Hemelinger Marsch die Köpfe heißredet, präsentierte Fücks gestern die Bremer Beiträge zum Europäischen Naturschutzjahr 1995. Thema: „Naturschutz außerhalb von Schutzgebieten.“

Denn unter Naturschutz stehen in Bremen nur insgesamt 3,2 Prozent der Landesfläche. Naturschutz darf sich aber nicht auf diese Reservate beschränken, sondern muß auch an die restlichen 96,8 Prozent der Fläche denken, meinte Fücks bei der Vorstellung des Bremer Fahrplans zum europaweit ausgerufenen Naturschutzjahr 1995. Außer seinem senatorischen Segen und der Beantragung von Lottomitteln durch seine Behörde hat Ralf Fücks mit dem Projekt allerdings nichts zu tun: Ausdrücklich betonten die Veranstalter, dies sei keine Behördenveranstaltung, sondern eine Aktion der Bremer Umweltverbände.

13 dieser Verbände haben sich auf breitester Front zusammengeschlossen, um eine „möglichst große Breitenwirkung“ zu erzielen, wie der Koordinator Peter Müller vom BUND meinte. Zusammengefunden hat sich eine große Koalition der Bremer Naturschutz-Szene: Die Vorgehensweise ist denkbar einfach: Die Themen und Verbände verteilen sich auf die einzelnen Monate: Den Anfang macht im Februar der BUND mit dem aktuellen Thema „Fließgewässerschutz“ an Weser, Wümme, Hunte, und Ochtum mit einer Fachtagung und einem Konzept zur Renaturierung der Unterweser. Im März informieren die Naturfreunde Bremen über die „naturgerechte Bepflanzung kleinster Räume“: Was blüht und grünt ökologisch in Vorgarten oder im Blumenkübel auf dem Balkon? Der Kräutergarten mit seiner Möglichkeit, die „Einheit von Wild- und Naturpflanzen sinnlich zu erleben“ stellt der „Verein Arbeit und Ökologie“ im April vor.

Wiederum der BUND stellt im Mai den „flächenhaften Naturschutz“ vor. Projekte wie das Naturschutzgebeit Werderland sollen zeigen, wie große Feuchtwiesen ökologisch verbessert werden könne. Juni ist Gartenmonat: Die Bremer Gartenfreunde informieren neben einem bundesweiten Kongreß am 18. Juni auch über alles, was im Sommer im Garten summt und brummt, über Kompost und Dachbegrünung, über Obstbaumschnitt und Bohnenwettbewerbe (!). Zur besten Ausflugszeit wird die Umweltstiftung WWF im Juli auf die Probleme beim „Naturschutz im Grenzbereich von Schutzgebieten“ hinweisen und die Menschen ermahnen, nicht immer mitten durch die geschützten Gebiete der Wümmewiesen zu trampeln.

Im August ist Ferienzeit und der Naturschutzbund wird – ebenso wie alle anderen Verbände mit ihren Projekten – versuchen, mit dem Thema „Vogelschutz“ Jugendliche zur Mitarbeit zu bewegen. Im September will der BUND den „praktischen Naturschutz“ durch Anlegen von Kleingewässern oder Anpflanzungen attraktiv machen und der goldene Oktober ist „Monat des Apfels“, in dem der „Verein Arbeit und Ökologie“ zum Obstbau animieren will. „Höhepunkt des Monats“, heißt es, „wird der Tag des Apfels sein.“ Die in diesem Jahr 100jährigen Naturfreunde Bremens wollen den November zum „Monat des Baumes“ machen und im Park Links der Weser 100 Bäume pflanzen, außerdem soll es um „ökologische Landwirtschaft in Bremen“ gehen.

Im Dezember schließlich bläst die „Landesjägerschaft“ zum „Naturschutz in Jagdrevieren“: Mit praktischen Maßnahmen wollen die Waidmänner und Waidfrauen versuchen, die „Lebensbedingungen für die bedrohten Tierarten Feldhase und Rebhuhn zu verbessern.“ Was das heißt? Gezieltes Danebenschießen bei der Treibjagd? Humanitäre Hilfe für Opfer des Jagdfiebers? Blauhelme statt Filzhüte? Warten wir's ab!

bpo