Palast der Republik: Schwindende Abrißwut

Mehrere Initiativen hatten wenige Tage vor der endgültigen Entscheidung über den Abriß zum Protest geladen, doch nur rund einhundert Menschen kamen gestern zum Palast der Republik. Dabei steht ihre Sache besser als je zuvor. Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU), der sich zuvor für einen Abriß des Palastes ausgesprochen hatte, ist mittlerweile nachdenklich geworden.

Er fordert, daß vor einer Entscheidung die Nutzungsmöglichkeiten geprüft werden. Und seine Vorgängerin, Irmgard Schwaetzer (FDP), spricht sich inzwischen – anders als zu ihrer Amtszeit – vehement gegen einen Abriß aus. Die Berliner SPD plädiert inzwischen für die Sanierung, und auch Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) setzt sich dafür ein, den Bau zu nutzen.

Die baupolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Elisabeth Ziemer, wendet sich nicht nur aus politischen Gründen gegen einen Abriß: Es sei ungeklärt, wo man den Asbest hinbringen könne – und wer wolle schon eine weitere Sondermülldeponie.

„Abriß noch in diesem Jahr“ lautete hingegen das Credo von Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU). Doch auch er beginnt sich für die Argumente der Sanierungsbefürworter zu interessieren: Er lud Vertreter der Vereinigung Asbestsachverständiger zum Gespräch. Deren Aussage lautet klipp und klar: Der Palast kann ohne Probleme saniert werden. Teilbereiche des Palastes könnten nach einer Reinigung schon jetzt geöffnet werden, erklärt der Asbestsachverständige Klaus Stüdemann. Daß ein Abriß kostengünstig wäre, zieht er in Zweifel: „Selbst wenn man den Palast abreißt, muß man ihn vorher sanieren.“

Ob der Berlin-Bonner Ausschuß tatsächlich eine Entscheidung über den Palast fällen wird, ist unklar. „Über sein Schicksal entscheidet weder der Regierende Bürgermeister noch ein wie immer gearteter Beamtenausschuß, sondern der Deutsche Bundestag“, erregte sich gestern der Bundestagsabgeordnete Peter Conradi (SPD). Abgeordnetenhaus und Senat sollten sich hier nicht einmischen, sondern statt dessen überlegen, wie sie den Bau in Zukunft nutzen wollten. Doris Maassen/Foto: Rolf Zöllner