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„Das Unsinnigste, was man machen kann“

■ Bundesumweltministerin Angela Merkel über Kohle-Subvention und Energiesteuer

taz: Welche konkreten Ergebnisse erwarten Sie von der UNO- Klimakonferenz in Berlin?

Angela Merkel: Ich erwarte, daß wir ein Verhandlungsmandat für ein Protokoll zustande bekommen. Es müßte klar werden, wann ein solches Protokoll fertig sein soll. Und ich hoffe, daß klarer wird, was die Ziele eines solchen Protokolls sein sollen: Was ab dem Jahr 2000 bezüglich der CO2-Emissionen der Industriestaaten passiert und mit welchen Maßnahmen dieses Ziel erreicht werden soll.

Es wird also in Berlin keine völkerrechtlich bindenden Beschlüsse geben?

Nein, aber hoffentlich den Rahmen dafür. Wir brauchen für ein Protokoll achtzig Länder, die unterzeichnen. Und wenn jetzt in New York bei der Vorbereitungskonferenz kein Wunder passiert, sind so viele Länder nicht zusammen zu bekommen. Wir haben in der Europäischen Union eine klare Vorstellung, aber wir sind nur sechzehn.

Wird Deutschland den Protokollentwurf der kleinen Inselstaaten (Aosis) unterschreiben, der eine bindende Verpflichtung der Industrienationen vorsieht, ihre CO2-Emissionen bis 2005 um mindestens zwanzig Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken?

Wir können nach jetzigem Stand diesen Vorschlag nicht unterschreiben, weil erst achtzig Staaten zustimmen müssen, bevor eine Zeichnung möglich ist. Selbst in der EU ist aber keine Mehrheit für den Aosis-Vorschlag zu finden. Es gibt in der EU wahrscheinlich nur Dänemark, das mit uns für dieses Protokoll ist. Das heißt nicht, daß wir uns zu unserem eigenen Ziel nicht bekennen, das nach wie vor heißt: 25 bis 30 Prozent CO2-Minderung bis zum Jahr 2005. Wir halten es taktisch aber für sinnvoll, als EU gemeinsam aufzutreten, um gegenüber den anderen Industrieländern mehr Verhandlungserfolg zu haben.

Wie wollen Sie denn die anderen EU-Länder überzeugen?

Wir haben im Dezember im EU-Ministerrat ein Papier zur Vorbereitung von Berlin verabschiedet und haben dort gesagt: Nach dem Jahr 2000 sollen die EU- Mitgliedsstaaten ihre CO2-Emissionen gleichhalten oder reduzieren. Das heißt, alle haben sich zum Ziel der Stabilisierung bekannt. Das war nicht einfach und hat zwei Ministerratssitzungen gedauert. Unser Ziel ist es jetzt, daß sich alle Industrieländer dazu bekennen.

Und was spricht dagegen, daß Deutschland voran geht?

Wir müssen die Chance haben, daß am Schluß achtzig Staaten ein Ziel unterschreiben. Es macht keinen guten Eindruck und stärkt auch nicht unsere Verhandlungsposition, wenn wir als Klassenbester vorne sitzen und sagen: Guckt mal uns an, was wir alles Tolles machen.

Stichwort Energiesteuer: Wofür stehen Sie?

Ich stehe erst einmal dafür, daß wir EU-weit eine Energiesteuer einführen. Leider konnten wir uns im Ministerrat nicht darüber einigen, daß es eine einheitliche Steuer geben soll. Aber wir haben uns darauf verständigt, daß steuerliche Instrumente notwendig sind.

Warum geht Deutschland hierbei nicht voran?

Eine solche CO2-Energiesteuer ist mit erheblichen Konsequenzen im Preisniveau verbunden. Wir haben einen sehr hohen Strompreis und eine relativ hohe Mineralölsteuer im Vergleich zu anderen Ländern in Europa. Nichtsdestotrotz sage ich, daß wir uns dem Gedanken an einen deutschen Alleingang nicht verschließen können, wenn in absehbarer Zeit auf europäischer Ebene nichts passiert.

Warum denn dann nicht gleich, wo ja eh über die Kohlesubvention gesprochen werden muß?

Die Situation in Deutschland ist deshalb zur Zeit sehr ungünstig, weil die Leute wegen des Solidaritätszuschlags ziemlich verbittert sind und sagen: Der Staat kassiert Steuern, wo immer er kann. Eine der Bedingungen der CO2-Steuer ist aber sowieso, daß sie aufkommensneutral ist.

Aber wenn die Energiesteuer keine Zusatzbelastung darstellt, warum dann nicht jetzt gleich?

Auf alle Primärenergieträger müßten Steuern erhoben werden. Und das jetzt in drei Monaten auf die Reihe zu kriegen – abgewogen und ausbaubar und so, daß es sich am Schluß auch europäisch einfügen läßt, das ist eine schwierige Aufgabe, die so fix nicht zu regeln ist. Und dann wäre es eine Energiesteuer, die zu nichts weiter dient als der Subventionierung der Kohle – das heißt man stützt den CO2-haltigsten Energieträger mit Hilfe einer Energiesteuer. Das ist wohl das Unsinnigste, was man machen kann.

Was denken Sie, was der deutschen Industrie energiepolitisch zumutbar ist?

Die Gesamtbelastung der Industrie darf nicht steigen, sonst sind wir nicht wettbewerbsfähig. Wenn man eine Energiesteuer macht, muß man Entlastungen in anderen Bereichen finden. Ich halte die Entlastung vom Kostenfaktor Arbeit für einen sinnvollen Ansatz. Aber ich plädiere zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für eine umfassende Energiesteuer. Interview: Annette Jensen

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