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Das endgültige Aus für die „Offene Welt“

■ Die prokurdische Tageszeitung „Özgür Ülke“ erscheint nicht mehr / Nach neun Monaten verbietet ein türkisches Gericht in Istanbul das Blatt

Istanbul (taz) – Die Publikation der Istanbuler Tageszeitung Özgür Ülke (Offene Welt) ist gerichtlich verboten worden. Das Gericht begründete die Entscheidung am Wochenende damit, daß Özgür Ülke die Fortführung der verbotenen Zeitung Özgür Gündem (Offene Tagesordnung) sei.

Der Gerichtsbeschluß ist das endgültige Todesurteil gegen die Zeitung, die trotz staatlicher Repression seit neun Monaten Tag für Tag erschien. Özgür Ülke war die einzige Informationsquelle über die systematischen Menschenrechtsverletzungen des türkischen Staates in den kurdischen Regionen. Sie dokumentierte die Vertreibung kurdischer Bauern und das Abbrennen von Dörfern ebenso wie vom Staat gedeckte politische Morde und auch den Einsatz deutscher Waffen in Kurdistan.

„Es kann nicht mehr verheimlicht werden, daß unsere Geographie durch den schmutzigen Krieg, durch Exekutionen ohne Gerichtsurteil und durch Folter bestimmt wird“ heißt es in einer gestern veröffentlichten Erklärung des Chefredakteurs der Zeitung, Baki Karadeniz. „Unsere aufklärerische Arbeit, die wir mit Kugeln, Kerker, Folter und Bomben bezahlten, wird uns stets eine Ehre sein.“

Unter ungeheuren Opfern hatten die Mitarbeiter von Özgür Ülke neun Monate lang die Publikation der Zeitung sichergestellt. Wie zuvor bei der Tageszeitung Özgür Gündem wurden mehrere Mitarbeiter des Blattes ermordet. Dutzende Redakteure wurden festgenommen und gefoltert. Wegen „separatistischer Propaganda“ wurden Hunderte Prozesse gegen Özgür Ülke eröffnet. Autoren und presserechtlich Verantwortliche wurden zu über tausendjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Vom „Nationalen Sicherheitsrat“ wurde die Zeitung als „schädliches, separatistisches Medium“ eingestuft. In einem als „geheim“ eingestuften Schreiben vom 30. November klagte die türkische Ministerpräsidentin Tansu Çiller, daß die legalen, rechtlichen Mittel nicht ausreichten, um gegen Özgür Ülke vorzugehen. Wenige Tage später sprengten Bomben das Gebäude der Zentralredaktion und zwei weitere Büros der Zeitung in die Luft.

Seit Wochen ergingen täglich mehrere Beschlagnahmeverfügungen gegen die Zeitung. Trotz allem erschien sie, mit weißen Flecken durch Herausnahme der zensierten Artikel, bis das jüngste Urteil das endgültige Aus für die Zeitung einleitete. Doch Chefredakteur Karadeniz ist nicht resigniert: „Niemand soll daran zweifeln, daß unsere Völker in kürzester Zeit Kanäle schaffen werden, um ihrer Stimme weltweit Gehör zu verschaffen.“ Ömer Erzeren

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