Wann kommt die Linie 4?

■ Ampel hatte sich auf Finanzierung der Linie 4 aus dem ISP verständigt / Jäger und Fluß: Es ist kein Geld dafür da / Baubehörde: Baubeginn im Juni

Kommt sie oder kommt sie nicht? Im Schatten der „Piepmatz-Affaire“ schwelte in diesen Tagen fast unbemerkt der Ampel-Streit um den Bau der Straßenbahn-Linie 4. Der Koalitionsausschuß hatte im Dezember nur vereinbart, daß der Senat die bremischen Komplementärmittel - 74 Millionen - „verbindlich beschließen wird unter Ausnutzung der im Haushalt aufgeführten VE von 750 Mio DM für das ISP“ (Sonderinvestitionsprogramm). Nichts steht da auch über die Finanzierung des Baubeginns im Haushaltsjahr 1995. Und da war nicht förmlich beschlossen worden, daß die Mittel aus dem ISP genommen werden sollen. Dennoch waren sowohl Bau- und StadtentwicklungssenatorInnen als auch der Bürgermeister davon ausgegangen; auch ein Haushaltsvermerk aus den Bürgerschaftsberatungen verweist ausdrücklich auf das ISP.

Wedemeier hatte damit seine Bedenken, ausgerechnet im Wahlkampf die Schwachhauser Heerstraße aufzureißen, zurückgestellt und der Planung der Baubehörde zugestimmt: im Juni 1995 soll begonnen werden, sobald die Kanalbauarbeiten im Schwachhauser Ring (gedacht als Umleitungs-Strecke) fertiggestellt ist.

Am heutigen Mittwoch soll nun die Senatskommission „Investitionssonderprogramm“ die Bereitstellung der Mittel beraten. Da wird es großen Krach geben. Der Wirtschaftssenator hatte in einem Brief vom 2.2. ganz allgemein darauf verwiesen, daß die „Finanzierung des ISP für 1995 noch in keiner Weise gesichert“ sei. Jägers Brief enthält einen deutlichen Hieb gegen den Bürgermeister, der den baldigen Baubeginn Linie 4 zugesagt hatte: „Wir sollten ein gemeinsames Interesse daran haben, nicht öffentlich Entscheidungen zu verkünden und die Antwort auf die Frage, wann und wie die Finanzierung erfolgt, schuldig bleiben zu müssen.“

Deutlicher und grundsätzlicher als Jäger formuliert der Staatsrat im Finanzressort, Dr. Dannemann seine Bedenken in einem internen Brief. Bei dem geplanten Bau der Linie 4 handele es sich nur um den „Ersatz von Buslinien durch die Straßenbahn“. Daß dies betriebswirtschaftlich für die BSAG vorteilhaft sei, die nicht die Baukosten trage, sei klar. Ob dies aber eine Investition für das wirtschaftliche Wachstum Bremens sei, müsse infrage gestellt werden. Der ÖPNV werde lediglich „beschleunigt“. Für die Wirtschaftsverkehre habe das wenig Bedeutung, weil die auch derzeit nicht wesentlich behindert seien. „Falls es überhaupt zu einer Verbesserung kommt, profitieren davon besonders die Wirtschaftsverkehre außerhalb der Landesgrenze.“ Eine „maßgebliche Stärkung der Wirtschaftskraft Bremen“ - so das Kriterium für die Bonner Mittel aus dem Sonderinvestitionsprograamm, sei also nicht zu erwarten. Fazit: Die 74 Millionen müßten aus dem normalen Investitionsprogramm finanziert werden. Entweder müssen dafür andere Projekte gestrichen werden - oder es fahren weiter die Niederflur-Busse anstelle der Linie 4 – trotz eindeutiger Koalitionsvereinbarung.

Die Linie 4 ist übrigens auch im Wahlproramm der FDP von 1991 unter den Strecken aufgeführt, die beim „Ausbau des Straßenbahn-Streckennetzes insbesondere für die Berufspendler aus dem Umland ... Priorität haben“ sollten. K.W.