■ Zollunion für die Türkei, Hoffnung für Zypern
: Kuhhandel mit Folgen

Tausche Zypern gegen die Türkei: Dank eines Kuhhandels in der Europäischen Union scheint ein lange schwelender Konflikt beiseite geräumt zu sein. Die Beitrittsverhandlungen mit der Republik Zypern werden aufgenommen. Im Gegenzug macht Griechenland den Weg für die Zollunion mit der Türkei frei. Das ist zunächst einmal ein Erfolg für Ankara. Die Lage der Menschenrechte dort spielte bei dem Beschluß nämlich überhaupt keine Rolle. Zudem kann man dort von einem sicheren Termin für die Zollunion ausgehen: 1996.

Griechenland, das Zypern unter seine Fittiche genommen hat, erhält dagegen eher nebulöse Versprechungen. Der Beginn der Beitrittsverhandlungen für die geteilte Inselrepublik kann sich leicht bis 1997 oder 1998 hinauszögern. Und Verhandlungen sind schließlich noch keine Garantie für einen Beitritt. Die Zyprioten, die durch eine EU-Mitgliedschaft vor allem ein Ende der Besetzung des Insel-Nordens erhoffen, können dennoch Hoffnung schöpfen. Galt doch bis dato in Brüssel die Formel, daß die türkische Besetzung einen Beitritt der Insel vorläufig unmöglich mache, die Zyprioten also dafür bestraft werden sollten, daß eine fremde Macht sich auf ihrer Insel breitgemacht hat. Bloß kein zweites Bosnien in der EU, hieß die Faustformel in Brüssel.

Das ist jetzt vom Tisch. Reichlich unklar bleibt dennoch, welche politischen Konsequenzen dem EU-Beschluß folgen. Zypern wäre das erste Mitglied der Union, dessen Staatsgebiet zu einem Teil von einem anderen EU-Partner okkupiert ist. Soll das besetzte Gebiet rechtlich ein Teil der Union werden? Oder gilt dort die Zollunion zwischen der Türkei und der EU? In der Republik Zypern wird ein EU-Beitritt als Allheilmittel für die Wiedervereinigung verkauft. Freie Arbeitsplatzwahl und freies Niederlassungsrecht – selbstverständlich in Europa – sind dort außer Kraft gesetzt.

Tatsächlich müssen die Machthaber im besetzten Teil ihre bisherige Politik jetzt im Mittelmeer entsorgen. Ihr Versuch, einen selbständigen Staat zu etablieren, ist mit dem EU-Beschluß definitiv gescheitert. Ein Anschluß Nord-Zyperns an die Türkei ist ebenso unmöglich, würde dies doch die Beziehungen Ankaras zur Union unterminieren. Der Kuhhandel von Brüssel zwingt auf Zypern zu neuen Verhandlungen auf einer neuen Grundlage. Wenn das kein Erfolg wäre! Klaus Hillenbrand