Kollektiv erkrankt

■ Dänisches Parlament im Boykottfieber

Kopenhagen (taz) – 16 dänische ParlamentarierInnen, alle Mitglieder des außenpolitischen Ausschusses des Folketing, meldeten sich gestern krank. Eine besondere Art von Krankheit darf man vermuten, denn sie diente ausschließlich dazu, ein geplantes Zusammentreffen mit dem iranischen Vizeaußenminister Mahmood Vaezi platzen zu lassen. Im Gegensatz zu Norwegen und Schweden, die den Vertreter der iranischen Regierung wegen der Verschärfung der Fatwa in Sachen Salman Rushdie ausgeladen hatten, wollte Dänemarks Regierung den seit langem geplanten Besuch nicht absagen.

Der Grund dafür dürfte weniger mit dem umfangreichen Schafskäse-Export des Landes in den Iran, sondern eher mit einer diplomatischen Klemme zusammenhängen: Dänemark ist kommenden Monat Gastgeber des UN-Sozialgipfels, zu dem Regierungschefs aus über 140 Ländern erwartet werden; darunter auch Irans Präsident Hashemi Rafsanjani.

Außenminister Niels Helveg Petersen erklärte, man wolle nun mit Vaezi einen „kritischen Dialog“ führen. Wenn dieser kritische Dialog in sechs Jahren Todesurteil gegen Salman Rushdie nicht geholfen habe, dann sei das eine unzureichende Erklärung, konterte der Linkssozialist Gert Petersen – trotz Krankmeldung putzmunter vor der Presse. Reinhard Wolff