■ Cash & Crash
: Persönlicher Service hat seinen Wert

Berlin (taz) – Millionäre sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Mit gewisser Irritation jedenfalls registrieren Schweizer Privatbankiers, daß ihre einst so berechenbare Kundschaft nicht mehr automatisch alles verfügbare Geld aufs Nummernkonto überweist, um es dort dem diskreten Personal zwecks steter Vermehrung zu überlassen.

Die reiche Kundschaft ist anspruchsvoller geworden, beobachet die Financial Times: Sie erwartet häufig höhere Rendite als früher. Manch ein Millionär wendet sich gar an eine US- amerikanische oder europäische Großbank, in der Hoffnung, daß diese global player auf den liberalisierten Welt-Finanzmärkten mehr Zinsen herausholen können als die kleinen Privatbanken.

So erleben die kleinen Schweizer Geldhäuser ausgerechnet in einer Zeit ihre Krise, in der die Zahl der Geld-Millionäre stetig wächst: in Europa durch große Erbschaften, in Asien durch neue erfolgreiche Unternehmer.

Gleichzeitig bekommen sie Konkurrenz. Die Großbanken umwerben verstärkt die reiche Privatkundschaft, seit im Geschäft mit Krediten und dem Handel von Aktien und Devisen ebenjene Globalisierung, welche die Gewinnchancen erhöht hat, auch die Risiken wachsen ließ. Dabei allerdings schätzen die Großbanken ausgerechnet jene Eigenschaften an Millionären, die diese zunehmend ablegen: Geld abgeben und sich ohne große Nachfragen an den Kontoauszügen erfreuen.

In der Schweizer Bankenszene bleibt man vorerst gelassen. Dort ist nach Schätzungen mehr als ein Drittel jener sechs Milliarden US-Dollar geparkt, welche die Superreichen ganz privat außerhalb ihrer jeweiligen Heimat anlegen. Wenn die Kundschaft erst merkt, daß hohe Gewinne nur durch hohes Risiko zu erkaufen sind, wird sie schon zu den Traditionsbanken zurückkehren, glauben Privatbankiers wie Thierry Lombard in Genf. Schließlich sei der persönliche Service einer Privatbank oft mehr wert als das eine oder andere Prozent Zinsen, wie ein Bankier anonym gegenüber der Financial Times ausführte: Erst kürzlich habe er durch „Umschichten des Vermögens“ einem Kunden die Zahlung von jährlich neun Millionen Mark Steuern erspart.

Insofern sind Millionäre, die ihr Geld in die Schweiz und nach Luxemburg schaffen, wohl doch geblieben, was sie immer schon waren: potentielle Steuerhinterzieher. Donata Riedel