Saumagen für alle – aber dalli!

■ PDSler dürfen nicht beim Kanzler essen, die Grünen wollen nicht

Bonn (taz) – Die Losung klingt nach dem Original, stammt aber vom politischen Gegner: „Saumagen für alle!“ fordern Abgeordnete der Grünen und pfeifen selbst auf eine Essenseinladung. Weil Helmut Kohl zwar den Haushaltsausschuß für heute abend ins Kanzleramt gebeten hat, aber mit Ausnahme der beiden PDS- Mitglieder, wollen auch die Grünen-Haushälter Kristin Heyne und Oswald Metzger hungern.

So bleiben vier Stühle leer, wenn der Kanzler die 40 Mitglieder des Haushaltsausschusses bewirtet. Hat Kohl Angst, daß die beiden früheren SED-Mitglieder Christa Luft und Barbara Höll ihm den Appetit verderben? Oder will er nur die SED-Nachfolger von der PDS nicht auch noch an die Fleischtöpfe führen? Steif klingen die Erklärungen aus dem Kanzleramt: Eingeladen seien nur Fraktionsmitglieder, die PDS aber habe nur Gruppenstatus ...

Der Bundespräsident reagierte nicht so allergisch, als er den kompletten Haushaltsausschuß empfing. Und die Obleute des Gremiums hatten noch im Dezember vom Vorsitzenden gehört, der Kanzler wolle „den Ausschuß“ einladen. Grund genug für die beiden Grünen, nun von einer „unwürdigen Ausgrenzung“ zu sprechen.

Zwar wettert Joschka Fischer gern gegen die „Formaldiskriminierung“ der PDS, die den politischen Konkurrenten nur einen Märtyrerbonus beschere. Aber die Spontansolidarität mit den formal diskriminierten PDS-Abgeordneten hat nicht alle Grünen-Mitglieder im Haushaltsausschuß ergriffen. Antje Hermenau jedenfalls, Abgeordnete aus Sachsen, will der Einladung Folge leisten. Für einen Boykott des Kanzlers, so meint sie, gebe es viel bessere Gründe als eine nicht ausgesprochene Einladung an die PDS.

Heroisch nimmt sich der Verzicht von Hermenaus Kollegen nicht aus. Besteht doch real die Gefahr, daß des Kanzlers fettes Leibgericht serviert wird: Saumagen. Für fast alle. Hans Monath