„Sagt Nein!“ gegen Zwangsabschiebung

■ Menschenrechtler fordern Polizisten, Ärzte, Flug- und Bahnpersonal zu Protest gegen Asylpraxis auf / Lufthansa verdient Millionen an Zwangsabschiebungen

Bonn (AFP) – Vertreter von Menschenrechtsorganisationen haben an Polizisten, Ärzte sowie Flug- und Bahnpersonal appelliert, die Beteiligung an Zwangsabschiebungen von Asylbewerbern zu verweigern. In einer gestern in Bonn vorgestellten Kampagne „Sagt Nein!“ riefen die Unterzeichner diese Berufsgruppen auf, sich durch öffentlichen Widerspruch einer Abschiebepraxis zu widersetzen, die ihrem Gewissen widerspreche.

Sie sollten das Handeln der Behörden vor allem anhand der Grundgesetzartikel überprüfen, die die menschliche Würde garantieren. Unterstützt wird die Initiative unter anderem von Vertretern der „Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten“, den Organisationen „Ärzte in sozialer Verantwortung“ und „Pro Asyl“ sowie dem „Büro für notwendige Einmischungen“.

Nach Ansicht der Unterstützer werden die Abzuschiebenden nur wegen ihres Asylantrags wie Kriminelle behandelt. „Mir sind persönlich Fälle bekannt, in denen Menschen mißhandelt wurden“, sagte der Kölner Schriftsteller Günter Wallraff. Kritik übte Wallraff an der Lufthansa. Es sei verlogen, wenn die deutsche Fluglinie sich weigere, den von islamischen Fundamentalisten mit dem Tode bedrohten Schriftsteller Salman Rushdie aus Sicherheitsgründen nicht zu befördern, gleichzeitig jedoch das Sicherheitsrisiko von sich wehrenden oder gefesselten Abzuschiebenden in Kauf nehme.

Nach Angaben von Claus Metz vom „Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte“ verdiente allein die Lufthansa 1988 rund sieben bis acht Millionen Mark an der Beförderung von Abzuschiebenden. Lufthansa-Sprecher Peter Höbel wollte diese Zahlen nicht bestätigen. „Für uns sind ,Deportees‘ Passagiere wie andere auch“, sagte er in Frankfurt.

Der Sprecher der „Kritischen Polizisten“, Jürgen Bugla, sagte, jeder Polizist habe das Recht auf eine Gewissensentscheidung. In jedem Einzelfall müsse der Beamte prüfen, ob bei der Abschiebung gegen das Gebot der Wahrung der Menschenwürde verstoßen werde. Heiko Kaufmann, Sprecher von „Pro Asyl“, erinnerte an den Tod des Nigerianers Kola Bankole, der im August 1994 auf dem Frankfurter Flughafen gestorben war, als ihn BGS-Beamte an einen Sitz fesseln wollten. „Mit dieser Unmenschlichkeit ist Deutschland am Tiefpunkt seiner demokratischen Entwicklung angelangt“, sagte Kaufmann.

Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs gehören auch der Schriftsteller Ralph Giordano, der Fernsehjournalist Klaus Bednarz sowie die bündnisgrünen Politiker Krista Sager und Jürgen Trittin.