„Hoho, ich malme dich!“

Grauenhafte Sportarten, mit denen uns das Fernsehen quält, Kapitel III: Monster Trucks  ■ Vom TV Albert Hefele

In den Falten, die das menschliche Sein hin und wieder wirft, herrschen tiefste Dunkelheit und Moder. Es lauern Massenmord, Perversion und Mißgunst. Auch Eitelkeit, Dummheit und der gelbe Neid. Hervor lugen Schirinowski und der Steiner-Stadel, aber auch Thaurus, Tropical Thunder und Big Foot... Nein, das sind nicht die Apokalyptischen Reiter und auch keine Ungeheuer aus dem Sumpf. Das sind bunt bemalte Lastwägelchen mit riesigen Reifen: Monster Trucks.

„Monster Trucks“, das hört sich aber blöde an, denken feinsinnige Menschen. Es hört sich nicht nur so an, es sieht auch blöde aus: ein buntes Käferlein zwischen Gullivers Kalamares. Das Käferlein ist in der Regel ein bis zum Schwachsinn aufgemotzter Pick-up und tut so, als sei es ungeheuer gefährlich. Züngelnde Flammen und allerlei dumpf glotzende Fratzen blähen sich auf seiner Oberfläche. Überrollkäfige und Kuhabweiser wehren die zu erwartenden Gefahren. Drinnen sitzen vorwiegend blonde, schnauzbärtige Männer, die wohl gerne richtige Rennfahrer wären. Darum tragen sie auch Helme und Overalls mit vielen Aufnähern und blicken atemlos und wichtig, bevor sie ihre Boliden entern.

Wohin geht die Reise? Was wartet auf die Todesmutigen? Worauf kann sich das Publikum freuen? Auf ein Rennen von ziemlich genau sieben Sekunden Dauer. Als Hindernisse grüßen: 1. ein großer Dreckhaufen, 2. einige zur Hälfte im Boden verbuddelte Autowracks, 3. noch mehr zur Hälfte im Boden verbuddelte Autowracks. All diese Hindernisse sollen die mutigen Schnauzbärte nicht gelenkig umfahren, sondern, im Gegenteil, kühl überspringen bzw. plattwalzen. Mit ihren dicken fetten Reifen. Es geht nämlich darum, schneller als der auf einer identischen Nebenbahn (voller Dreckhaufen und verbuddelter Autowracks) fahrende Konkurrent die Ziellinie zu queren.

Klassisch. Der Zweikampf: Schnauzbart gegen Schnauzbart. Das hat uns noch gefehlt. Wie haben wir es nur ausgehalten früher? Ohne Taurus, Tropical Thunder und Big Foot? Wo wart ihr die ganzen Jahre? Predator, Crusher und Grave Digger? Ihr und die Monster Wars! So nämlich heißt die Sendung, die uns unsere amerikanischen Freunde dankenswerterweise überlassen und in der die hüftsteifen Kisten über den Parcours eiern.

Monster Wars. Das läßt einiges vermuten, und das soll es wohl auch. Es geht schwer zur Sache. Die Trucks fahren beileibe nicht nur ein popeliges Rennen, sie bekriegen sich. Bis aufs Messer. Will man dem Fan zumindest weismachen. Da die eigentlichen Rennen nicht viel länger als ein ausgiebiger Furz dauern, hat man dazwischen viel Zeit, sich zu drohen. In kleinen, bemerkenswert einfallslos gemachten Spots tun verkleidete, arbeitslose Schauspielerdilettanten so, als wären sie die Fahrer. Auftritt Crusher: „Hoho, ich werde dich zermalmen!“ Auftritt Grave Digger (übrigens in einer Art Batmankostüm und mit Phantasieschaufel): „Hoho! Das werden wir schon sehen. Ich zermalme dich!“ Tropical Thunder umflackern Blitz und Donner – was sonst –, und beim Predator... ach, was weiß ich.

Es ist zum Sterben langweilig. Völlig überflüssig und eigentlich eine Unverschämtheit. Ein Monster-Truck ist als Sportgerät nicht eben anspruchsvoll. Er kann nämlich nur geradeaus fahren. Und das nur unvollkommen. Dazu hat er neben seinen mannshohen Ballonreifen auch noch zwischen 1.300 und 1.800 PS. Ein Gefährt mit einer solchen PS-Zahl verbraucht ungefähr eine Million Liter Sprit auf hundert Kilometer. Gut, das ist etwas übertrieben und soll auch nur andeuten, wie freizügig während einer solchen Veranstaltung mit Treibstoff hantiert wird.

Wat soll det Janze? Sollen neue Materialien unter extremen Bedingungen getestet oder die Aufblasbarkeit von Kautschuklegierungen erforscht werden? Vielleicht will man die Stressorentoleranz amerikanischer Menschen messen? Der enorme Lärmpegel und der geradezu großartige Dreckausstoß nähren dahingehende Vermutungen. Natürlich geht es um rein gar nichts. Das Überwinden eines Dreckhaufens (rumpel) und zweier Reihen von Autowracks (schepper) ist purer Selbstzweck. Ein Monster-Rennen benötigt auch keinerlei Legitimation, denn schließlich wird man im Sportkanal übertragen. Also handelt es sich um Sport. Ätsch!

Im Prinzip hat man eine harmlosere Kurzform der ebenfalls langweiligen, aber viel länger dauernden Formel 1. Die Monsters erledigen alles, was Motorsport unerträglich macht, in ein paar Sekunden. Und wenn einer umkippt, taumelt das Publikum vor Begeisterung. So weit sind sie in der Formel 1 noch nicht. Dafür passiert niemandem was Ernsthaftes, obwohl ständig behauptet wird, der oder jener sei nur um Barthaaresbreite dem sicheren Tode entronnen.

Wem dies alles noch eine Spur zu komplex ist oder zu sehr nach kindischem Wettbewerb aussieht, der sollte sich der Disziplin Truck- Attack zuwenden. Hauptdarsteller: eine Art Panzer, der über kleinere Automobile und Busse walzt und versucht, seine Opfer möglichst platt zurückzulassen... Aha. Und? Nix und. Das war's.